Verlag: Scheidegger & Spiess
ISBN: 978-3-03942-123-7
Text: Cyril Schicker
Fällt der Name Füssli, denken wohl viele an Orell Füssli. Das ist natürlich weder falsch noch verkehrt, aber eben auch schade. Denn «der andere Füssli» ist, zumindest aus meiner Sicht, eine Welt spannender, prägender und, ja, bizarrer bzw. grotesker oder besser gesagt virtuoser.
Vorhang auf für Johann Heinrich Füssli (1741–1825)!
Er ist oder war die fleischgewordene Exzentrik – von den einen geliebt und verehrt, von den anderen gehasst und des Teufels gewünscht. Vor allem aber war Johann Heinrich Füssli einer der eigenwilligsten Künstler des 18. Jahrhunderts. Der betont sensationslüsterne Charakter seiner Kunst spaltete die öffentliche Meinung während seiner gesamten Laufbahn.
Das vom Kunsthaus Zürich herausgegebene, überaus spannende, informationsgeschwängerte Buch „Füssli – Mode – Fetisch – Fantasie“ bietet nun erstmals Gelegenheit, den Zeichner Füssli in seiner aufregendsten Form zu entdecken. Wo wir idealisierte Körper in anmutigen Posen erwarten, begegnen uns stattdessen Frauen, deren Körper von Frisuren der bizarrsten Art gekrönt werden – und die eine betont herausfordernde Haltung gegenüber unseren Blicken einnehmen.
Johann Heinrich Füssli war der Inbegriff von zeichnerischer Brillanz. Der Zürcher verfolgte mit geradezu obsessiver Energie die Erkundung und Darstellung des weiblichen Gegenübers in ebenso ausgefallener wie aufwendiger Kostümierung und Haartracht, wobei sich gerade hier Füsslis Interesse an sexueller Symbolik und dem weiblichen Erscheinungsbild offenbarte.
Diese erotisch aufgeladenen, bisweilen grotesken Werke grenzten nicht selten an das Pornografische, demonstrierten allerdings auch die, wie bereits erwähnt, hohe zeichnerische Kunstfertigkeit des Künstlers und gewährten gleichzeitig einen noch nie dagewesenen Einblick in seine Psyche.
„Füssli – Mode – Fetisch – Fantasie“ – mit Beiträgen von David H. Solkin, Jonas Beyer, Mechthild Fend und Ketty Gottardo – ist eine broschierte Pracht, 168 Seiten stark, mit 145 farbigen und 5 s/w-Abbildungen ausgeschmückt.