Kabuki Joe + Am Samstag + Raid 409
Ebrietas – Zürich
Freitag, 10. März 2023
Text: David Spring
Es ist schön zu wissen, dass die heimische Punk-Szene lebendiger, abwechslungsreicher und vor allem aktiver denn je ist. Letzten Freitag spielen nämlich gleich drei hervorragende Bands im legendären Keller der Ebrietas-Bar in Zürich. Schön war auch zu sehen, dass ein solcher Anlass noch immer die Leute aus ihren gemütlichen Wohnzimmern zu locken vermag, obwohl es draussen stürmte und regnete. Nun, mit Raid 409, Kabuki Joe und Am Samstag war das Line-Up ausreichend hochkarätig, wer da zu Hause blieb, war selbst schuld.
Den Auftakt machten die sympathischen Jungs von Kabuki Joe. Im Vorfeld zeichneten sich einige Sound-Probleme ab, wollte das System im kleinen Club nicht wirklich mitspielen. So war der Soundcheck ziemlich chaotisch, doch als es dann mit ein paar Minuten Verspätung losging, klang alles bestens. Die vier Zürcher hauten volle Pulle in die Saiten und machten keine Gefangenen. Mit ihrem energiegeladenen Punkrock der amerikanischen Schule kam im von Anfang an erstaunlich gut gefüllten Ebrietas schnell Stimmung auf. Die gutgelaunte Band überzeugte vor allem auch durch ihre extrem sympathische und nahbare Art, viele Publikumsinteraktionen und Mitsingspielchen machten tierisch Spass.
Kabuki Joe hatten augenscheinlich Spass, scheinbar spielten sie zum ersten Mal im Ebrietas, obwohl sie ja selbst aus Zürich sind. Ihre Songs hauten rein, wie nichts gutes, die Band ist zwar schon ein paar Jahre auf Achse, doch waren sie für mich die Entdeckung des Abends. Auf und vor der Bühne herrschte hervorragende Stimmung, und als dann gegen Ende hin nochmals zu frohgemuten Oh- und Ah-Gesängen eingeladen wurde, gab es kein Halten mehr. Was für eine grossartige Band.
Als nächstes waren die fantastischen Am Samstag aus Lausanne an der Reihe, die Band, auf die ich mich heute Abend am meisten freute. Das Tempo wurde hier etwas rausgenommen, dafür wurde die Intensität um ein paar Stufen nach oben geschraubt. Die charismatische Sängerin/Gitarristin Gabriela Varela gewann sämtliche Sympathie-Punkte, als sie uns in gebrochenem Deutsch und mit viel Charme begrüsste. Das darauffolgende Grunge-Brett «Meatball» riss die Bude dann ordentlich ab, doch das Highlight war das rasante «Burn Notre Dame». Dieser Song ging dermassen ab, dass sogar ein kleiner Moshpit losgerissen wurde, währenddem sich Gabriela die Seele aus dem Leib schrie.
Wahrlich beeindruckend, welch unbändige Energie die vier Romand:es hier an den Tag legten. Das punkige «Mrs. Butch» brachte noch mehr Bewegung in die feierwütige Meute, und als mit dem passend betitelten «Auf Wiedersehen» nochmals kunstvoll der Röstigraben überbrückt wurde, drehten alle durch. Am Samstag machten unglaublich Spass, die Energie und Spielfreude waren zu jeder Sekunde spürbar. Auf die Romandie kann man sich halt immer wieder verlassen, wenn es um gute Musik geht.
Mittlerweilen war nicht mehr nur das Ebrietas ordentlich voll, sondern scheinbar auch die Leute darin. Raid 409 hatten somit ein leichtes Spiel, traten sie doch quasi vor ihrem Haus- und Hofpublikum auf. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung vor und auf der winzigen Bühne. Doch waren die anfänglichen Sound-Problemen bisher kaum merkbar, so war der Mix plötzlich dahin und vom Bass und vor allem vom Gesang war stellenweise kaum mehr was zu hören. Böse Zungen mögen nun behaupten, dass das auch gar nicht so schlimm war, denn Raid 409 spielten alles andere als sauber. Hier stand klar der Spass an der Sache an oberster Stelle, und nicht musikalische Glanzleistungen. Dem Publikum war dies sowieso herzlich egal und der coole, melodiöse Punkrock des Vierers vermochte zu überzeugen. Spätestens das sehr coole «Free», inklusive sympathischer Ansage zum aktuellen Weltgeschehen, und das grossartige Sum41-Cover «Fat Lip» überzeugten auch mein altes Punkrock-Herz.
Leider musste ich kurz vor dem Ende bereits los, um mal wieder den letzten Zug zu erwischen, so verpasste ich die letzten paar Songs. Trotzdem war es ein wunderbarer Abend voller grossartigem Punkrock, fettem Grunge, tollen Bands und der immer wieder angenehmen Ebrietas-Atmosphäre. Kabuki Joe waren das heimliche Highlight des Abends, Raid 409 überzeugten mit tollen Songs und spassiger Punk-Attitüde und Am Samstag sind schlicht eine der besten Bands unseres Landes. Ist es nicht einfach schön, dass unser kleines Land so viele hochkarätige und spassbringende Bands hat, die uns immer wieder mal gehörig das Gehirn durchrocken? Ich finde schon…