Big Scary Monsters / VÖ: 14. Oktober 2022 / Noise, Punk
meatwaveband.com
Text: Michael Messerli
Das Innenleben von «Malign Hex» befasst sich unter anderem mit dem Thema Abstammung. Und wenn im Albumtitel das Wort «bösartig» vorkommt und mit einem «Fluch» oder «Bann» in Verbindung gebracht wird, ist man bald einmal bei Zuschreibungen angelangt. Warum habe ich, was ich habe und warum tue ich, was ich tue? Zufall oder Schicksal, Glück oder Pech? Meat Wave verirren sich nicht in die Küchenpsychologie, aber es ist nie gut, wenn man etwas als bösartig betitelt. Unabhängig davon, wo es herkommt. Entscheidend ist, was man dagegen selber in die Hand nimmt. In diesem Fall Gitarre, Bass und Drumsticks. Das Trio aus Chicago tut dies auf Albumlänge nun zum vierten Mal. Sie legen ihrem lärmigen Punk auf «Malign Hex» mehr Zugänge, als dass sie die Dinge abreissen. Es stellt sich diesmal eher die Frage, was sie alles durchlassen.
Fünf Jahre sind seit «The Incessant» vergangen, letztes Jahr veröffentlichten sie die sehr gute EP «Volcano Park» und nun also das lang ersehnte neue Album, auf dem Meat Wave klingen wie Meat Wave. Live aufgenommen, mit jedem rhythmischen Stolperer. Zehn wütende Songs, die Punk und Noise mit eigenständiger Handschrift kombinieren, die aber trotz der Kürze auch Längen zulassen («Complaint»). Das von Bass und Schlagzeug angetriebene «What Would You Like Me To Do» hat sogar einen eingängigen Refrain, der wohl genau deswegen nur knapp zweimal vorkommt, was dank dem ganzen Aufbau des Songs auch völlig ausreicht – es sind die stärksten viereinhalb Minuten auf einem starken Album, das einem nicht um die Ohren fliegt, sondern eher in den Körper kriecht.
«Waveless» verzichtet auf einen Refrain, weil es keinen braucht und auch das entfaltet seine volle Wirkung. Es gibt hier nichts, das alleine ohne das andere zünden würde. Trotzdem sind es die Worte und der Gesang von Chris Sutter, die wie Nadelstiche immer wieder bestimmte Punkte triggern oder bestimmte Bilder hervorrufen. Wie zum Beispiel das Bild von lächerlichen Autos. Flammende Hengste auf beiden Seiten aufgeklebt, flammende Hengste auf beiden Armen tätowiert. Der rasende Mensch und das rasende Auto im Tode vereint. Sutters Zeilen sind wie Verwünschungen der unguten Art. «Malign Hex» eben, das mühsam durch dich hindurch rudert wie durch Schleim – weil es zuerst auf Widerstand stösst. Aber bald einmal kapituliert der Körper und lässt es fliessen.