Bogen F – Zürich
Freitag, 18. Februar 2022
Text: Michael Bohli
Es rauscht der Strassenverkehr aus La Chaux-De-Fonds, während Emilie Zoé im warmen Scheinwerferlicht den Zuschauer:innen Botschaften aus der Vergangenheit vorliest. Worte, die am vorangegangenen Auftritt der Tour verfasst wurde, Gedanken für die Zukunft, eingetroffen in der Gegenwart. Gemäss dem Thema ihres neuen Albums «Hello Future Me» versuchte die Musikerin die vermehrt herrschende Zukunftsangst mit positiven Aussagen, Melodie und Klang zu zerstäuben. Auch wenn es nicht für alle funktioniert hat, ihr Auftritt im Bogen F in Zürich war famos.
Die Rückkehr auf die Bühne fand plötzlich mit rasantem Tempo statt, da die Pandemie scheinbar überstanden sei, wurde das Kulturlokal doch ausverkauft. Dicht gedrängt fand man sich am Freitagabend im Viadukt ein, voller Vorfreude und mit gewissen Unsicherheiten. Schön, viele bekannte Gesichter wieder sehen zu können, merkwürdig auf so engem Raum beieinanderzustehen und zu jubeln. Doch Louis Jucker hielt mit seiner verschrobenen aber stets liebenswürdigen Art im Vorprogramm dagegen.
Langjähriger Freund und Komplize von Emilie Zoé, sowie eine der wichtigsten Stimmen der alternativen Musikszene der Westschweiz, immer bereit für merkwürdige Ansagen und Songs, die unerwartete Wandlungen durchleben. Es gab diverse Stücke vom aktuellen Album «Something Went Wrong», etwa das kratzende «The Dam» oder das sanft tänzelnde «Our Easter Wedding». Louis Jucker sang, schrie, jaulte und behandelte seine Instrumente mit viel Intensität. Die Gitarre als Basis, dazu Backtracks von der Bandmaschine – inklusive vorbereiteter Ansage – oder geklimperter Melodien aus der Lochkarte: Lo-Fi und analoge Liebe wurden aufs Schönste zelebriert.
Vom kauzigen Folk und dem dekonstruierten Rock zur alternativen Auffassung einer Emilie Zoé, die sich lauter und direkter zeigte als ihr Gefährte. Obwohl Lieder wie «Across The Border» und «I Saw Everything» zurückhaltend aufgezogen sind, wusste die Musikerin aus Lausanne den Lärm und die brachialen Sounds in ihr Konzert einzubringen. Das fantastische «Volcan» liess den Raum erzittern, Ausflüge in die eigene Vergangenheit brachten das vermisste Autisti-Chaos zurück. Die Musikerin riss an den Saiten, stolperte über den Monitor und versank in ihren Liedern.
Eine Leidenschaft, die nur bewundert werden kann, ein Konzert, das hin- und herwogte. Die versammelten Freund:innen wurden mit dem Hit «Tiger Song» verdankt, frisches und unveröffentlichtes Material liess hartgesottene Fans seufzen. Die Familie aus dem Hummus-Records-Kosmos war in Zürich zu Besuch und überzeugte vollends. Die stickige Luft im Raum wurde zu Samt, die Vorstellung der kommenden Zeit beruhigend.