Century Media / VÖ: 11. Februar 2022 / Progressive Metal
voivod.com
Text: Pink
Voivod ist der Grund dafür, wieso ich im Teenageralter mich immer mehr für die härteren Klänge zu interessieren begann. Hauptsächlicher Ausschlagpunkt waren Voivods Pink Floyd-Coverversionen, die sie in mehrere ihrer Platten unterbrachten. Mir als Die-hard Pink Floyd-Fan, der ich bis heute geblieben bin, gefiel das natürlich besonders gut und so schlitterte ich immer mehr und mehr den Gefilden der härteren Musik entgegen.
Voivod haben inzwischen eine turbulente Bandhistorie hinter sich. So können die Kanadier nicht nur auf einen großen Backkatalog zurückblicken, deren Hälfte der Alben sie dem fiktiven „Voivod-Krieger“ als Fortsetzungsalben gewidmet haben, der dann schließlich mit einigen Unterbrüchen im Erzählstrang auf ihrem selbstbetitelten Album von 2003 seinen Abschluss in der endgültigen Zerstörung fand.
Die Cyber-Metaller haben einige stilistische Veränderungen nicht nur durchlebt, sondern auch geschaffen. Ihre ersten Schlachten lieferten Voivod in punkartigen Einschlägen mit „War And Pain“ (1984) und „Rrröööaaarrr“ (1986) von denen sie sich ab „Killing Technology“ (1987) immer mehr wegbewegten und die auf „Nothingface“ (1989) so gut wie ganz ausgemerzt waren. Voran war immer das extravagant / schräge Gitarrenspiel von Denis „Piggy“ D’Amour, der Voivod seinen ganz eigenen Klang einhauchte.
Ab „Angel Rat“ (1991) begannen die gezähmten Jahre und Voivod mutierten fast schon zu einer Rockband. „The Outer Limits“ (1993) verzeichnete dann im Härtegrad wieder eine leichte Steigerung. Mit dem Weggang des sehr prägenden Gesangs von Denis „Snake“ Belanger explodierten Voivod bei Negatron (1995) und Phobos (1997) durch den Neuzugang von Eric Forrest am Bass und den Vocals förmlich. Die beiden Alben verzeichnen in ihren „Lost In Space-Klanglandschaften“ ebenfalls Industrial-Einflüsse und sind meiner Meinung nach ihre am schwersten zugänglichen Alben.
Nach einem Unfall mit dem Bandbus, in dessen Folge Eric Forrest mehrere Monate ins Koma fiel, wurde es ruhig um Voivod. Nach geschlagenen sechs Jahren meldeten sich Voivod nicht nur überraschend aus der Versenkung zurück, sondern überraschten mit einem gewissen Jason Newsted am Bass gleich doppelt, der dann auch die beiden kommenden Alben „Voivod“ (2003) und „Katorz“ (2006) mitprägte.
Leider mussten Voivod schon bald wieder einen Verlust hinnehmen, der diesmal aber endgültig sein würde. Denn Dennis D’Amour verstarb 2005 viel zu früh an Darmkrebs. Trotzdem enthielten „Katorz“ die Gitarrenspuren von D’Amour. Denn der Ausnahmegitarrist verriet seinen Bandmitglieder vor seinem Tod, wo er seine Rifffragmente unter Verschluss hielt. So entstand „Katorz“ unter sehr ungewöhnlichen Umständen, indem die Band mit den „Gitarrenspuren aus dem Jenseits“ ein neues, vollumfängliches Album kreierte, dass durch und durch überzeugte und nicht etwa eine bloße Resteverwertung war.
Mit Daniel „Chewy“ Mongrain folgte das Schicksal 2008 auf dem Fuß. Und diesmal im positiven Sinne. Als ob Mongrain vom Geist von Dennis D’Amour erfasst wurde, spielt dieser auf Teufel komm raus Album für Album wie eine besessene Seele Gitarre, als sei es D’Amour selbst, der hier die Saiten bearbeitet.
Mit „Synchro Anarchy“ veröffentlichen Voivod ihr bisher viertes Album mit Daniel Mongrain an der Seite. Die Schnittmenge zwischen ihren ersten Gehversuchen, der eigentlichen Stilfindung Anfang der Neunzigerjahre und ihren experimentellen Jahren war noch nie dichter, als auf „Synchro Anarchy“. Voivod haben sich selbst übertroffen und trotz ihren Schicksalsschlägen sich auf wackligen Füssen in die Musikszene zurückgekämpft.
Auch wenn die Kanadier immer noch als Geheimtipp gelten, werden sie im Underground als Rockstars gefeiert. Ihr Lebenswerk haben Voivod schon vor Jahren zementiert. Beeinflusst haben sie nicht nur eine Handvoll Bands, sondern gleich durch mehrere Dekaden hindurch unbewusst Prägungsarbeit geleistet.
„Synchro Anarchy“ gehört für mich bereits im noch jungen Jahr jetzt schon zu einem der zehn besten Alben 2022.