Source Atone Records / VÖ: 31. Januar 2025 / Black Metal
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Text: David Spring
Viele von uns wurden zu Schulzeiten noch mit obligatorischem Latein malträtiert. Stundenlang Vokabular auswendig lernen, das unfassbar spannende Leben von Apolodorus verfolgen, den Ablativ verfluchen… wir kennen es! Die wenigsten unter uns dachten damals «oh yes, das werde ich später einmal mit meiner ausgefuchsten Post-Black-Metalband einsetzen!» Tja und nun wissen wir: schade, denn sonst hätten wir heute mehr grossartige Bands wie Usquam.
Usquam stammen aus der Region Paris, spielen mal progressiv angehauchten, mal doomig-epischen, mal knochenhart brachialen Black Metal und singen gelegentlich auf Englisch, meistens aber auf Französisch oder eben Latein. Und mit «Ex Nihilo» steht uns nach einer Handvoll EPs endlich das Debüt bevor. Wer nun aber meint, dass diese Sprachenvielfalt ja kaum mehr als ein Gimmick sein kann, hat sich tief geschnitten. Bereits der Opener «Altar Ego» fährt die komplette, vernichtende Bandbreite auf. Ein düsteres, fremdartiges Intro, qualvolle Schreie und dann eine mächtige Wand, die alles erdrückt. Der Sound ist glasklar und gewaltig, die Gitarren immens, die Blastbeats rasant, die orchestralen Parts episch und wie so oft ist der Gesang der berühmte Tupfen auf dem I. Unglaublich, was Vokalistin Jessy Christ hier abliefert.
An dieser Stelle soll gesagt sein: wer kvltigen Black Metal mit dem Prädikat «auf zerbeulter Geschirrspülmaschine eingespielt» erwartet, wird enttäuscht. Usquam klingen gross und modern, erinnern an Bands wie Gaerea oder Behemoth und lassen mannigfaltige Einflüsse zu. Es ist Musik, die herausfordert, mit Erwartungen bricht und unglaublich Spass beim Entdecken macht. Wenn bei «Axis Mundi» auf einmal eine furchteinflössende Erzählstimme auf Französisch zu flüstern beginnt, wenn das megatonnenschwere «Arcana Nox» alles Dagewesene niederwalzt und keinen Hoffnungsschimmer zulässt, oder wenn das furiose, nur dreiminütige, dafür dreisprachige «Ego Sum (Qui Sum)» von beinahe ätherischem Black Metal über Quasi-Punkrock zu MeloDeath der Marke Arch Enemy fliegt, nur um schlussendlich in einem wilden Gitarrensolo, gefolgt von einem epischen Soundtrack-Orchester zu enden, bleibt der Mund häufig offen stehen.
Inhaltlich geht es bei Usquam, was übrigens «irgendwo» bedeutet, ähnlich federleicht zur Sache. Das Ego des Menschen ist zentrales Thema, da dieses merklich unser Selbstvertrauen und unsere Selbstdarstellung beeinflusst und beflügelt, und darum im Zaum gehalten werden muss. Denn schlussendlich ist die Menschheit kaum mehr als winzig kleiner, vollkommen unbedeutender Teil eines unendlichen Universums. Dabei spielen Themen wie die Wiedergeburt und der unendliche Lebenszyklus eine Rolle, und schlussendlich auch all die verschiedenen Glauben und Traditionen der Menschheit, die sich nur in Form, nicht aber im Inhalt unterscheiden. Genau dies auch die Inspiration für den Albumtitel: «Nichts stammt von Nichts, ex nihilo nihil fit.»
All das ist nicht leicht in Worte zu fassen, macht musikalisch aber verdammt viel Sinn. Klar, in einer toten Sprache singen hilft der Zugänglichkeit nicht sonderlich, Französisch noch viel weniger. Doch genau deswegen funktioniert die Musik von Usquam nahezu perfekt. «Ex Nihilo» ist für alle, die ihren (Post-)Black Metal gross, bombastisch, erdrückend und herausfordernd mögen. Ein vorzügliches Album von einer faszinierend einzigartigen Band, das freut das Herz. QED.
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