Band: Uniforms
Album: Fantasía Moral
Genre: Shoegaze / Dreampop
Label: Shoredrive Records
VÖ: 26. September 2020
Webseite: Uniforms bei FB
Was 2018 vier Spanierinnen aus dem Boden stampften, ist beeindruckend. Dem Shoegaze-Sound der 80er- und 90er-Jahre zugewandt, taten sie sich zur Band Uniforms zusammen, teils ohne zuvor ein Instrument gelernt zu haben, und hauten einen heissen psychedelischen Track nach dem anderen raus. Nach wenigen Monaten entsandten sie Album Nummer Eins, „Polara“, in die Welt. Zunächst war das sehr gitarrenaffin, voller fett verzerrter Riffs, nahe an Bands wie Sonic Youth oder My Bloody Valentine. Auf ihrem soeben erschienenen Zweitling „Fantasia Moral“ loten sie das Genre nun mit deutlich mehr Synth-Effekten aus – neuerdings mit drei Frauen und einem Mann im Line-Up (siehe unten).
Die Neuorientierung wird schon im Opener spürbar. „Semana Satán“ greift nicht nur die von Spacemen 3 immer wieder inszenierten religiösen Themen in der Lyrik auf. Mit seinem Monsterintro spielt der Song auch explizit auf deren ausschweifende „Ecstasy Symphony“ von 1987 an. Derweil zwängen Uniforms in „Casi Famosas“ die E-Gitarren durchs aufgedrehte Dreamy-Pedal, wie Lush das in den 90ern kultiviert hatten. Und in „U Found Me“ inszenieren sie die helle Stimme von Sängerin Annie (die Musikerinnen und Musiker tragen bei Uniforms lediglich ihre Vornamen) so als gehörte sie Elizabeth Fraser von den Cocteau Twins.
Bei allem Liebäugeln mit ihren grossen Vorbildern aus früheren Zeiten sind die Spanierinnen und der Spanier durchaus in der Lage, ihr eigenes Profil zu erschaffen. Das hat zum einen mit der durchdringenden Stimme von Annie zu tun, die allerdings nicht immer so grell im Vordergrund steht wie im erwähnten „U Found Me“ oder im Schluss-Track „Lung“, sondern oftmals lediglich ein feiner Strang im üppigen Soundteppich ist. Zusätzlich ist das Quartett aber auch in der Lage, die mal kratzig, mal schimmernd verzerrten Gitarren mit den luftigen Synthpads zu vermengen als wären sie ein Honigteig; süss im Geschmack, etwas klebrig in der Konsistenz.
Doch diese Soundmasse, sobald vermengt, erweist sich als äusserst dominant. Oftmals kommt sie nicht vom ersten Ton an zum Tragen, ist dann aber die letzte Steigerungsform im Song-Aufbau und damit so etwas wie das Allerweltsmittel für den Shoegaze-Effekt. Und sobald es zum Einsatz kommt, wird der Song zum Einheitsbrei.
Das ist zwar mit Blick auf Komposition und Arrangement durchaus bedauerlich, verfehlt die Absicht der Band aber keineswegs. Denn wer Shoegaze hört, will schwelgen – und das geht wunderbar mit „Fantasia Moral“. Und wenn für den Drittling noch etwas kompositorische Luft nach oben besteht, kann man sich auf die Zukunft dieses Quartetts durchaus freuen.
Tracklist:
1. Semana Satán
2. Brazil
3. Serena
4. Casi Famosas
5. One Hit Wonder (Cheni’s Song)
6. U Found Me
7. Sunflower Sea Star
8. Selvas En Llamas
9. Eugenesia
10. Lungs
Bandmitglieder:
Annie – Gesang und Synthesizer
Spingel – Gitarre und Gesang
Will – Bass und Gesang
Pan – Schlagzeug
Gründung:
2018
Text: David Kilchoer