Datum: 31. März 2011
Ort: Z7 – Pratteln
Bands: Ulver / Zweizz
Es wurde dunkler im Z7, auf der Bühne war ein Klo aufgestellt, ein paar Meter daneben kniete ein Mann, mit dem Rücken oder besser gesagt mit dem Hintern zum Publikum, und fummelte etwas auf einem Ding rum, das aussah wie eine kleine Ausgabe eines Mischpults. Zu hören war eine Art Störgeräusch. Ok, technische Probleme, dachte ich mir – bis ich dann eines Besseren belehrt wurde und mir jemand mitteilte, dass es sich dabei schon um den Auftritt der Vorband bzw. dieses Einmann-Projekts Zweizz handeln soll. Ich wollte das zuerst nicht wirklich glauben, jedoch wurde mir klar, dass es wohl so sein muss, als der Herr auf der Bühne in einigermassen regelmässigen Abständen immer wieder eine kleine Schale vor sich auf den Boden knallen liess. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht recht, ob ich das einfallsreich oder einfach nur total bekloppt finden sollte.
Nach etwa 15 Minuten musste ich dann raus, weil ich dieses Geräuschchaos, welches sich in mein Gehör drängte und neben welchem sogar ein Betonbohrer noch angenehm klingt, nicht mehr ausgehalten habe und trotz Ohrstöpsel wohl kurz davor war einen Tinnitus zu bekommen. Bei den Musikern der Hauptband Ulver schien dies aber nicht der Fall zu sein, denn die lachten sich halb kaputt, was man sogar vor der Bühne noch hören konnte.;) Als ich eine Weile draussen stand, nahm ich dann plötzlich Kotzgeräusche wahr, die offensichtlich aus der Halle kamen und mich irgendwie an einen Exorzismus erinnerten. Weil es mich Wunder nahm, was da drin abgeht, riskierte ich nochmals einen Blick in Richtung Bühne und konnte dann sehen, dass der Typ seinen Kopf in die Kloschüssel steckte – darin war eine Kamera montiert, welche das ganze Spektakel hinten auf eine Leinwand projizierte.
Schlimmer konnte es ja kaum mehr kommen – da hatte ich mich aber getäuscht. Nachdem Mister Zweizz die Anwesenden fragte, ob sie gelangweilt seien und ihnen sagte, dass wenn sie es wären, nicht applaudieren sollen, aber dann tatsächlich einige klatschten, zog er seine Hosen runter und setzte sich mit dem nackten Hintern aufs Klo. Dieser nicht sehr appetitliche Anblick war dann ebenfalls auf der 2×3 Meter grossen Leinwand zu betrachten. Gleichzeitig hat er noch in ein Horn geblasen – wie jemand auf so eine Idee kommt, möchte ich gar nicht wissen. Jedenfalls war das Ganze zwar richtig dämlich, aber gleichzeitig so urkomisch, dass die meisten sich nicht mehr halten konnten und Tränen lachen mussten.:) Nach der erneuten Frage «are you bored now?» kam zum Schluss dann noch eine überaus «freundliche» Geste seinerseits, denn er wünschte allen Besuchern, dass sie Krebs bekommen. Ob er damit vielleicht Ohrenkrebs meinte?
Was wollte er mit diesem Auftritt denn aber eigentlich bezwecken? Ist er vielleicht Misanthrop und wollte damit zeigen, dass er sich wegen der Menschheit übergeben muss und auf alles und jeden scheisst? Dient seine Musik (wenn man das überhaupt Musik nennen kann) als Eigentherapie, um schlimme vergangene Erlebnisse zu verarbeiten und war sein «Konzert» somit ein Befreiungsakt? Waren in seinen «Songs» vielleicht irgendwelche versteckten Botschaften, welche nicht direkt wahrnehmbar sind für das menschliche Gehör? Oder wollte er einfach nur schockieren? Wie auch immer, ich weiss es nicht und auch die Zuschauer blickten da wohl nicht ganz durch.;) Jedenfalls kann ich sagen, dass das mit Abstand die übelste Darbietung war, die ich je gesehen habe und die zu übertreffen sehr schwer sein wird. Eines muss man ihm aber fast noch gutheissen: Leute aus der Metal-Szene auf eine sehr negative Weise zu verdutzen ist nicht gerade leicht, doch das hat er wohl geschafft.;)
Zweizz hatte so für Gesprächsstoff gesorgt, dass das Konzert von Ulver fast in den Hintergrund rückte. Zum Glück aber nicht ganz, denn deren Auftritt war wirklich sehr gut. Obwohl ihre Songs, vor allem die neueren Stücke, doch ziemlich ruhig sind und mich, wenn ich sie mir zu Hause anhöre, teilweise fast ein bisschen schläfrig machen, war das an diesem Abend überhaupt nicht der Fall. Ihre Ambient-Musik, welche eine grosse Affinität zu Filmmusik aufweist, ist gleichzeitig kraftvoll, was man live noch einiges stärker spürt als auf Platte. Zudem ist sie sehr vielfältig, weswegen es ein Vergnügen für meine Ohren war, den Liedern dieser ausgezeichneten Musiker aufmerksam zu lauschen. Manche mögen ihre Klänge wohl als ein wenig gewöhnungsbedürftig, speziell und auch schräg bezeichnen und das sind sie irgendwie auch, doch genau das macht Ulver aus.
Nicht nur akustisch war es ein schönes Konzert, es war auch visuell interessant gestaltet. Während der Grossteil der Künstler im Dunkeln stand, wurde die Aufmerksamkeit der Besucher hauptsächlich auf die Leinwand hinten gelenkt, auf welcher teilweise ziemlich skurrile Animationen gezeigt wurden, die ein wenig zum Nachdenken anregten. Insgesamt eher speziell alles, jedoch im Gegensatz zu Zweizz hier natürlich im positiven Sinn gemeint.;) Bevor Ulver kurz nach ihrem Auftritt nochmals auf die Bühne kamen, um sich erneut beim Publikum zu bedanken und verabschieden, stand dann plötzlich wieder der nette Herr Zweizz da und blies nochmals für nur eine Sekunde in sein Horn – was nochmals für einen Lacher sorgte. Was für ein Abend!;)
Geschrieben von: Jasmin Stierli