Epitaph Records / VÖ: 14. September 2018 / Post-Hardcore, Alternative Rock
thrice.net
Text: Michael Messerli
Eigentlich haben Thrice mit “Palms“ alles richtig gemacht. Nur gelang ihnen das meiste davon schon besser. Es wäre spannend gewesen zu erfahren, wie ein neues Album klingen würde, wenn sie den Synthesizer-Sound von “Only Us“ durchs ganze Album gezogen hätten. Aber das Versprechen des Openers können die neun nachfolgenden Songs leider nicht einlösen. Dabei ist es gerade die Wandelbarkeit von Thrice, die über ihre zehn Alben hinweg beeindruckt. Sie wurden mit dem Sprung von “The Artist In The Ambulance“ zu “Vheissu“ sowie mit ihren beiden monumentalen Werken “The Alchemy Index“ zu einer der wichtigsten und innovativsten Bands des Genres Posthardcore. Damit kann “Palms“ nicht ganz mithalten, selbst wenn es Thrice auch diesmal nicht geschafft haben, ein schlechtes Album aufzunehmen.
Musikalisch knüpft es an den Vorgänger “To Be Everywhere Is To Be Nowhere“ an, konzeptionell tut es dies natürlich nicht. “Palms“ steht für eine offene Handfläche als Symbol für Offenheit im Kontrast zur Verschlossenheit einer Faust. Das Verschieben der Grenzen zwischen seiner eigenen Perspektive und der Sichtweise anderer Kulturen ist essentieller Bestandteil einer zeitgemässen Reflektion der aktuellen Geschehnisse auf der Welt. Gleichzeitig haben die Menschen sehr viel mehr gemeinsam, als dass sie verschieden sind. Ganz egal, was für ein Geschlecht sie haben, was für eine Herkunft, was für eine Hautfarbe oder was für eine Konfession. Ein Schubladendenken, wie es momentan ganze Gesellschaften spaltet, kann in keiner Weise zu einer Freiheit führen, die einem gewisse Strömungen als solche verkaufen wollen. Hier besteht ein Widerspruch, den Thrice mit “Palms“ ansprechen.
Das sind grosse und wichtige Themen und es ist lobenswert, dass die Band aus Irvine, Kalifornien, sie aufgreift. Musikalisch tut sie das nicht ganz so spektakulär. Es fehlt dabei nicht an Überzeugung, sondern an Durchschlagskraft. Auch die Variationen im Gesang von Dustin Kensrue haben abgenommen. Bereits beim letzten Album blieb der Eindruck, dass seine Stimme gelitten hat. Und dann verirrt sich bei “Blood On Blood“ noch eine Harfe ins Geschehen, so dass man sich ein bisschen wehmütig nach den Synthesizern sehnt, die Thrice zu Beginn so frisch und unbekümmert in ihren Sound eingebaut haben. Schade, dass sie nicht den Mut für eine konsequente Frischzellenkur hatten. Trotzdem bleiben Thrice relevant, weil sie immer noch eine Menge zu sagen haben und so wie sich die Dinge darstellen, wird dies auch noch eine Weile so bleiben.