Little Rebel Records / VÖ: 24. November 2023 / Garage Rock
theeirmalouise.com
Text: David Spring
Heute wird mal wieder frohgemut in der Uralt-Klamottenkiste herumgewühlt. Grund dafür sind Thee Irma & Louise, die Garagenrock-Combo aus Bern, die sich seit über 20 Jahren schon von keinem noch so schäbigen und versifften Kellerloch abschrecken lässt. Das mittlerweile etwas angegraute Quartett hat nichts an Biss verloren und mit «Year Zero» ein neues, lärmiges Album am Start.
Der erste Eindruck dieser genussvoll rumpligen Platte ist düster, unbehaglich und einladend. Der Opener «Monitor» (eine Cover-Hommage an den kürzlich verstorbenen Olifr M. Guz) stampft und wütet sich instrumental mit hallenden Gitarren und wuchtigen Synths in die Ohren. Die bedrohlichen Melodien erinnern an die Bowser-Schloss-Levels eines Super Mario Spiels von anno damals, wodurch sich ein wundervoll nostalgisches Gefühl breitmacht. «Black Bile Blues» danach ist eine intensive, räudige Garage-Punk-Nummer mit den Surforgeln und Schrammel-Gitarren, einem Markenzeichen von Thee Irma & Louise, weit im Vordergrund. Herrlich rotzig, scheppernd und laut.
Die Themen auf «Year Zero» sind ebenfalls kein Zuckerschlecken. Von der gerade erwähnten musikalischen Interpretation einer Depression, über die unfassbaren Grauen des Kosmos im so bizarren wie faszinierenden 80s-Horror-Soundtrack «Black Matheme», bis hin zum immerfort drohenden Weltuntergang im abschliessenden, genialen «They Came From Within». Die Platte lässt den einen oder anderen kalten Schauer über den Rücken laufen. Dabei kümmern sich Thee Irma & Louise getrost um keinerlei Genre-Kategorien. Hier wird gekonnt und leidenschaftlich aus der Hüfte geschossen, vogelfrei und ohne Rücksicht auf Verluste.
Die Musik von Thee Irma & Louise ist abwechslungs- und kontrastreich, irgendwo im Western versackt, aber natürlich in erster Linie im Garage-Punk daheim. Sie ist auch keine einfache und vermutlich werden einige Menschen nicht viel damit anfangen können. Das ist natürlich schade, denn die neuen Songs bieten wahnsinnig viel. Sei es ein düsterer Surf-Rocker wie «Burial Ground», eine rasante Punk-Achterbahnfahrt wie «Tentacular Spectacular» oder die Tarantino-meets-schaurigen-Saloon-Perlen «La Muerte Sobre Ruedas» und «Los Sonambulos», es gibt viel zu entdecken. Dazu kommt noch die grossartige Produktion, die fett und modern klingt und doch so, als wäre alles vor Jahrzehnten in einem kleinen Übungsraum aufgenommen worden. Glorreich.
Thee Irma & Louise haben in den zwanzig Jahren ihres Bestehens schon so ziemlich überall gespielt, ihre Musik faszinierte zu Recht immer schon die Gestalten, die sich fernab des Mainstreams am wohlsten fühlen. Die Songs auf «Year Zero» belegen dies einmal mehr äusserst eindrucksvoll. Die Platte eckt an, macht Spass, lässt einen erzittern und erfreuen. Der Untergrund darf sich auf alle Fälle wieder freuen, denn Thee Irma & Louise werden noch lange keinen Gang zurückschrauben.