Eigenveröffentlichung / VÖ: 20. Juni 2024 / Post-Hardcore
Facebook
Text: David Spring
London ist immer eine gute Adresse, um coole Musik zu entdecken. So divers und vielfältig die englische Hauptstadt, so kreativ und abwechslungsreich ist ihre Musik. Mit Tether. steht eine neue Post-Hardcore Truppe am Start, die dem Londoner Untergrund langsam aber sicher entwächst und nun ihre erste EP «Mirror Work» veröffentlicht.
Der Opener «Hollywood Trauma» drischt in bester UK-Hardcore-Manier mit einem gewaltigen Schrei aus den Lautsprechern. Die heftigen Gitarrenriffs und der brachiale Gesang erwecken Erinnerungen an Grössen wie Gallows oder Every Time I Die, bis der Refrain in erstaunlich melodiöse Gefilde abtaucht und dich nicht wieder loslässt. Die Mischung aus wütendem HC-Gebolze und eingängigen Melodien gelingt Tether. perfekt, so bietet die Vorabsingle «Straight With Me» gleich noch mehr davon. Shouter Justin Jackson wechselt in seiner hervorragenden Performance zwischen ultra-angepissten Aggro-Parts und coolen, verspielten Hooks, als gäbe es nichts Einfacheres auf der Welt.
Die Produktion der sechs Songs auf «Mirror Work» ist roh und kantig genug, um sich sofort in einem wilden Moshpit zu verwandeln, und doch druckvoll und explosiv genug, um mit den besten des Fachs mitzuhalten. «Meet Me Where The Sun Touches The Sea» wartet mit ein paar beinahe im Mathcore anzusiedelnden Breaks auf, die so vernichtend heavy auf die Ohren knallen, dass es eine Wonne ist. Gleichzeitig bietet der grossartige Track einen dermassen unverschämt eingängigen Refrain, der live alles an die Wand spielen wird. Tether. feuern aus allen Rohren und beweisen sich als vorzügliche Kenner ihres Metiers.
Inhaltlich versuchen Tether., einen Kontrast zur rabiaten Musik zu schaffen und nie die Hoffnung aufgeben. Die Songs handeln von Introspektion, vom Innehalten und sich selbst kennenlernen. Die Welt ist hoffnungslos verwirrend, deswegen ist es wichtig, sich selbst nicht zu verlieren. Darum wohl der Titel der EP, denn nur mit einem strengen, aber schlussendlich vergebenden Blick in den Spiegel können wir an uns in diesem leeren, bedeutungslos erscheinenden Universum an etwas festhalten. Ähnlich das fulminante «Break Your Tether»: sich an eine Community oder Beziehung angebunden zu fühlen, ist wichtig, schlussendlich aber muss dieses Halteseil gekappt werden, um vorwärtszukommen. Simple, aber äusserst effektive Worte.
«This Way Or The High Way» schliesst die EP grandios ab. Der moderne Track vereint alles, was die Band ausmacht: wilde Riffs, gnadenlose Drums, luftige Gitarren-Parts, verzweifelt wütender Gesang und fantastische Melodien. Tether. machen alles richtig und liefern eines der stärksten Debüts seit langem. Kreativ, abwechslungsreich, einzigartig, aber auch eingängig und versöhnlich. Keiner der sechs Songs lässt dich kalt, die 20 Minuten reissen mit und machen unglaublich Laune. Hoffen wir, dass die Jungs bald mal aus London raus und zu uns rüberkommen.