Band: TesseracT
Album: Sonder
Genre: Progressive Metal / Djent
Label: Kscope
VÖ: 20. April 2018
Webseite: tesseractband.co.uk
Kaum drei Jahre seit dem letzten Longplayer „Polaris“ schicken sich die Mannen aus dem englischen Milton Keynes erneut an, einen gewichtigen Stein in die Progressive-Metal-Schale zu werfen. Wer das Quintett ein wenig verfolgt hat, weiss, dass sich die Konstellationen über die Jahre vor allem am Gesang öfters überworfen haben. Seit 2015 steht mit Daniel Tompkins erneut der Sänger hinter dem Mikrofon, welcher bereits auf dem ersten Album „One“ seine Duftmarke hinterlassen konnte. Die vielleicht spannendste Frage im Vorfeld: Bleiben TesseracT ihrer Linie treu oder werden wir vom Licht des Mondes überrascht..? Lasset die Spiele beginnen.
„Sonder“ startet mit der Single-Auskopplung „Luminary“ ins Rennen. Der Track startet brachial, die Gitarren wie gewohnt sehr tief gestimmt (ja, der Djent-Vibe ist spürbar!). Anschliessend setzt Tompkins mit seiner engelsgleichen Stimme ein. Es folgt ein kurzes Intermezzo und der für TesseracT übliche Power-Chorus. Die Melodie ist eingängig, hat viel Ohrwurmpotenzial. Die Wogen gleiten hin und her, um urplötzlich an die Felswand geschmettert zu werden. Toller Einstieg. Die Produktion im Allgemeinen zeigt sich von der besten Seite.
Nun folgt der für mich persönlich stärkste Track des Albums. „King“, ebenfalls als Single erschienen, lässt von Anfang an die Augen aufblitzen. Die Gitarrenfraktion wummert in Bläsermanier. Es groovt von Anfang an. Tompkins‘ Stimme untermalt das Ganze mit seinem Gesang, es ist ein wahrer Genuss. Manch einer denkt sich jetzt vielleicht, das wars mit den Überraschungen … Aber mitnichten. Peng! Da sind sie, die so sehr vermissten Screams. Ganz ehrlich, wenn einem das nicht ein Grinsen ins Gesicht zaubert, weiss ich auch nicht weiter! Das Feuerwerk wird nochmals zurückgeschraubt, um gegen Ende erneut durchzubrechen. Toll, mehr davon. Gibt es das? Nun ja …
Mit „Orbital“ schrauben die Jungs eine grosse Sparte nach unten. Ein ruhiger, vor sich her plätschernder Track von zwei Minuten und 19 Sekunden, welcher aber keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Schön, aber nach dem vorangegangenen Track ein wenig enttäuschend.
Das gelingt „Juno“ ein wenig besser. Aber leider auch nicht wie erhofft. Die Bass-Lines sind hervorzuheben, die klingen wirklich toll. Insgesamt ist es jedoch erneut wenig fesselnd. Der Chorus klingt sehr poppig, wirkt aber platt und reisst untypisch gar nicht mit. Tompkins gerät fast in den Black-Moth-White-Butterfly-Modus. Versteht mich nicht falsch, ich mag die Band sehr. Okay, TesseracT, machen wir weiter.
„Beneath My Skin“ startet erneut ruhig, verhalten. Ich rolle schon fast mit den Augen, als sich nach zwei Minuten die Groove-Fraktion zurückmeldet. Ja, da ist es wieder. Der Kopf wippt, der Gehörgang saugt gierig jede Note ein. Gegen Mitte steigert sich das Ganze und bringt eine tolle Melodie samt Headbanger-Teil zum Vorschein. Anschliessend folgt mit „Mirror Image“ ein ähnlich sanfter Track wie „Juno“, jedoch fühlt sich dieser zu diesem Zeitpunkt genau richtig an. Ein richtiger „Aus-dem-Fenster-starr-Song“. Tompkins haucht und säuselt, das passt. Gegen Ende wird es nochmals ein Song zum Mitschaukeln.
Mit „Smile“ prescht die Truppe nochmals in die Gefilde von „King“ vor. Der Kopf nickt ab dem ersten Ton mit, starker Beginn. Das Lied bleibt düster, trotz des hohen Gesangs. In sanfter Power-Metal-Manier wird in das Höllentor gerufen, um gleich von derben Screams eine Antwort zu bekommen. Die Instrumentalfraktion groovt weiter. Langeweile, you shall not pass!. Erste Sahne.
Mit „The Arrow“ verlassen wir die dunkle Seite des Mondes endgültig und fliegen weiter zum nächsten Planeten. Der kurze Abgang zeigt nochmals, was aus der Scheibe eigentlich hätte werden können/sollen. Kurz, träumerisch, TesseracT.
Fazit: Solid, das für mich vielleicht passendste Wort zu „Sonder“. Im Vergleich mit „Polaris“ merkt man schon kleine Veränderungen und Differenzen, im Gesamtpaket erscheint mir das Album aber zu sehr auf der sicheren Seite. Die wirklich grossen Experimente sind nicht vorhanden. Klar, muss ja auch nicht immer sein … ABER … das Ganze präsentiert sich ein klein wenig wie das trojanische Pferd. Aussen hui, innen … Nun ja, die Songs zeigen vereinzelt oder als Ganzes (wie „Juno“) eine Ödnis, welche ich mir von TesseracT in dieser Form nicht gewohnt bin. Da ein wenig zu forciert, dort vielleicht zu simpel … Ist ziemlich sicher auch Geschmackssache. Trotzdem liefern TesseracT kein schlechtes Album ab. Vor allem „King“ und „Smile“ sind wirklich starke Songs, die sich aus der Masse erheben und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Kaufpflicht? Geschmackssache. Konzert besuchen und die Band live erleben? Auf jeden Fall! TesseracT gastiert am 23. November 2018 mit Between The Buried And Me und Plini im KiFF in Aarau.
Tracklist:
1. Luminary
2. King
3. Orbital
4. Juno
5. Beneath My Skin
6. Mirror Image
7. Smile
8. The Arrow
Bandmitglieder:
Daniel Tompkins – Gesang
Acle Kahney – Gitarre
James Monteith – Gitarre
Amos Williams – Bass und Gesang
Jay Postones – Schlagzeug
Gründung:
2003
Text: Gianluca Teofani