Siluh Records / VÖ: 29. März 2024 / Garage¨Rock, Punk
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Text: David Spring
Es gibt in der Welt des Rocks nicht wenige Geschichten über Songs, die mehr oder weniger zufällig entstanden. Sei es Nirvana’s «Smells Like Teen Spirit» oder Metallica’s «Nothing Else Matters». Manchmal braucht es einfach die richtigen Menschen am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Wahrscheinlich fühlte sich die Wiener Garage-Band Telebrains genauso, als sie sich auf einer Donau-Insel neben einem nackten Typen wiederfand und derart inspiriert gleich ein ganzes Album schrieb.
Das Resultat dieses denkwürdigen Aufeinandertreffens ist die Platte «My Thoughts Changed Direction» und ja, es klingt genauso, wie man es erwartet. Das Songwriting der 13 Songs nahm nur wenige Tage in Anspruch, und es zeigt sich schnell, dass hier ein talentiertes Trio am Werk ist, denn sowas hätte gut auch in zusammenhangslosem Lärm enden können. Doch bereits der ruppige Opener «One Last Step Together» beseitigt sämtliche Sorgen: Die Drums ziehen nach vorne, der Bass rumpelt und knattert vergnügt – und die Gitarren halten alles schrummelig zusammen. Der oft mehrstimmige Gesang erweckt Erinnerungen an lang vergangene Tage und passt perfekt zum Surf-Rock’n’Roll-Sound.
Musikalisch geht auf der Platte einiges. «Justifier» rockt heftig und vereint Rock’n’Roll mit Punk und Space Rock, «Bleeding Out» ist ein abgedrehter Wüstenrocker mit Blues-Einschlag und das über fünfminütige, mehrheitlich improvisiert wirkende «Golden Silver Surfer» klingt, als hätten Deep Purple auf ihrem legendären «Made In Japan» Live-Album ein Feature mit Tito & Tarantula bewerkstelligt – falls sich das jemand irgendwie vorstellen kann. Daneben liefern uns die Telebrains astreine Garage-Punkkracher wie «Monster», «In The City» oder das glorreiche, abschliessende «The Bullshit», die unglaublich Spass machen und für reichlich Abwechslung sorgen. Es passiert wahnsinnig viel in nur 40 Minuten Spielzeit – umso beeindruckender, wenn man bedenkt, wie schnell die Songs zusammenkamen.
Wenn man ganz gemein sein will, könnte man monieren, dass inhaltlich hingegen nicht ganz so viel geboten wird. Man merkt, dass die Texte wohl unter Zuhilfenahme einiger Erwachsenengetränke und im Urlaub umgeben von nackten Menschen entstanden. Tiefgründige Poesie oder Kant’sche Philosophien muss man also nicht erwarten. Nur als Beispiel: «This Is My Bassdrum» ist ein Liebeslied an – wie der Name schon sagt – eine Bassdrum. Doch sind wir ehrlich, die Texte sind mehr als gut genug, um der Musik zu dienen. Sie fallen nie störend auf und werden vor allem auf solch sympathische Art und Weise vorgetragen, dass man nicht umhinkommt, sich in die frohgemuten und an Kreativität schier überbordenden Telebrains zu verlieben.
«My Thoughts Changed Direction» macht Spass und unterhält von der ersten bis zur letzten Sekunde. Die Welt ist mühsam genug und eine unbeschwert rockende Gruppe wie Telebrains kommt da genau richtig. Die Band versteht ihr Fach zweifelsohne und macht alles richtig. Die Songs sind frisch und abwechslungsreich und es zeigt sich einmal mehr: Mit etwas Glück, ordentlich Talent und komplettem Fernbleiben sämtlicher Hemmungen entstehen manchmal ganz grosse Sachen.