Datum: 22. April 2014
Im Gespräch mit: Tarja Turunen
Tarja Turunen, Ikone des Symphonic-Metals, Mitbegründerin und ehemalige Frontfrau der finnischen Band Nightwish, beehrt am 6. Mai Zürich. Sie wird ihre opereske Stimme in der Härterei spazieren führen und ihr Publikum mit Sicherheit durch ihre eindringliche Bühnenpräsenz begeistern.
Nicole: Wann hast Du deine Liebe für die Musik gefunden?
Tarja: Schon als kleines Mädchen habe ich viel gesungen und Theaterstücke vorgeführt. Der schulische Startschuss fiel, als ich mit sechs Jahren mit dem Klavierunterricht begann. Meine Eltern haben mich in meinem Traum immer unterstützt.
Immer?
Ja, wirklich. (lacht) Ich habe klassischen Gesang studiert. Doch selbst als mit Nightwish der Heavy Metal in mein Leben kam, haben meine Eltern dies nie hinterfragt. Ich hatte keine Kleider für die erste Nightwish-Show. Es war meine Mutter, die mit mir einkaufen kam. Und zwar in einem Sexshop – stell Dir das mal vor?!
Nun bist Du selber Mama einer 2-jährigen Tochter. Bekommt sie Tarja-Songs als Schlaflieder?
Nein, nein. Ich habe ihr immer dasselbe finnische Gutenachtlied vorgesungen. Schon in den letzten Schwangerschaftsmonaten habe ich damit begonnen, wenn niemand mich gehört hat.
Wie sehr hat sich dein Leben als Rockstar verändert, seit du Mutter bist?
Wir müssen mehr organisieren. Aber ich lebe noch immer das selbe Leben wie vor der Geburt. Mein Glück ist, dass mich mein Ehemann sehr unterstürzt. So kann unsere Tochter stets bei uns sein. Glücklicherweise kann sie überall schlafen, egal, wer bei ihr ist. Sie reist gerne. Dieses Leben kennt und mag sie.
Was, wenn sie das stete Unterwegssein irgendwann nicht mehr so leicht nimmt?
Wenn ich jemals sehen würde, dass sie darunter leidet, dann würde ich sofort aufhören. Sie ist meine absolute Nummer 1.
Du wechselst während einem Konzert mehrmals dein Outfit. Musst du dich auf der Bühne verkleiden?
Schon als ich drei Jahre alt war, habe ich drei Mal täglich meine Kleider gewechselt. Ja, ich verkleide mich, und nein, ich spiele keine Rolle auf der Bühne. Jede Bühnenfigur ist Teil von mir. Für mich ist Musik dramatisch und emotional und das unterstreiche ich mit dem passenden Outfit in unterschiedlichen Farben.
Dein letztes Album heisst „Colours In The Dark“. Gibt es viele Farben in der Dunkelheit?
Für mich gibt es nirgends mehr Farben als in der Dunkelheit. Die Dunkelheit in mir ist generell ein grosses Thema in meinem Leben. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich in Finnland geboren wurde, wo es häufig dunkel ist. Keine Ahnung. Auf jeden Fall kämpfe ich immer wieder mit ihr, kann sie aber auch als schön und bereichernd empfinden.
Welches sind deine farbigsten Momente?
Ganz klar mit meiner Tochter. Jeden Tag macht sie mich mit Kleinigkeiten glücklich. Es kann ein Lachen von Ihr sein, oder eine lustige Handlung. Auf der anderen Seite gibt es mir sehr viel Kraft auf der Bühne zu stehen. Die Bühne ist mein zweites Zuhause. Und da erlebe ich ebenfalls wundervolle Momente.
Aber es gibt auch die anderen Momente. Im Song „500 Letters“ singst du von einem Stalker, richtig?
Ich mag es eigentlich nicht über meine Songtexte zu sprechen, denn jeder soll die Lyrics für sich selber interpretieren können. „500 Letters“ ist der einzige Song, in welchem ich erzähle, worum es geht. Ja, es geht um einen Stalker. Oder besser um Stalkers generell.
Hattest du einen Stalker?
Ja, ich musste diese Erfahrung schon mehrmals machen. Ich habe grundsätzlich keine Angst vor Menschen. Aber bei einem Stalker kann ich die extreme Passion nicht mehr verstehen. Die Realität geht verloren. Diese Personen vergessen, dass auch ein Künstler ein normaler Mensch ist. Da entstehen verrückte, beängstigende Momente.
Musstest Du jemals die Polizei rufen?
Das nicht, aber ich musste veranlassen, das jemand nicht an mein Konzert kommt. Das ist nicht schön, aber leider manchmal notwendig. Jetzt, da ich Mutter bin, schütze ich mein Privates natürlich noch mehr.
Meine letzte Frage, was soll mal auf deinem Grabstein stehen?
Oh Gott, das ist eine schwierige Frage… ok, ich weiss was: Sie hat für ihre Träume gekämpft!
Text: Nicole Göbel