Datum: 28. Juli 2014
Im Gespräch mit: Richard und Charles von Haken
Selten gab es in der letzten Zeit eine Band, die sich kontinuierlich so herausragend weiterentwickelt hatte wie Haken. Die Engländer schaffen es, Merkmale von Grössen wie Dream Theater, Riverside oder IQ aufzugreifen und sich dadurch inspirieren zu lassen, ohne in den Kopiermodus abzudriften.
Mit dem aktuellen Album “The Mountain” haben sie sich sogar zu einer eigenständigen Grösse in der Szene gemausert. Dass sie den hohen Standard in bester Qualität auch live abliefern können, haben sie schon mehrfach bewiesen. Nicht ohne Grund sind sie bei den “Progessive Music Awards 2014” in den Kategorien “Band Of The Year”, “Album Of The Year” und “Anthem Of The Year” nominiert und ich gehe davon aus, dass sie die Kategorien auch abräumen werden.
Im Gespräch mit Richard Henshall (Gitarre, Keyboards) und Charles Griffiths (Gitarre) konnte ich ein paar interessante Dinge erfahren und war überrascht, wie bodenständig, unkompliziert und vor allem wie sympathisch diese Ausnahmekünstler sich meinen Fragen gestellt hatten.
Sichtlich angetan von der Resonanz zur letzten Veröffentlichung von “The Mountain” erzählte Charles mit einer erfrischenden Bescheidenheit, dass sie sich noch ganz gut an den letzten Gig in der Gallery in Pratteln vom 06. September 2013 erinnern mögen und dass sogar Fans extra aus Australien angereist kamen, um die Band live zu erleben. “Wir konnten bis anhin leider noch nicht in Australien auftreten und diese Leute haben ihre Reise extra so geplant, dass sie zum Gig in der Schweiz hier sein konnten. Das war unglaublich beeindruckend, ich meine Australien ist so weit weg.”, erzählte Charles. “Wir waren jedoch in Mexico und haben dort live spielen können. Ich glaube dort hatten wir das lauteste Publikum” warf Richard ein und lachte.
Eigentlich keine grosse Überraschung, denn Hauptkeyboarder Diego Tejeida stammt aus Mexico City und hat natürlich gute Kontakte vor Ort. Diego pendelt für die Band zwischen London und Mexico City hin und her. “Es ist verdammt schwierig talentierte Musiker im nahen Umfeld zu finden.” erklärt Charles, “aber das klingt dramatischer als es am Ende tatsächlich ist. Mit Unterstützung der modernen Kommunikationsmöglichkeiten lässt sich die Zusammenarbeit mit Musikern aus einem anderen Kontinent sehr gut umsetzen.”
Für Haken taten sich in diesem Jahr viele Türen auf, vor allem was Live-Auftritte angeht. “Dass wir bei Progressive Nation At Sea dabei sein konnten war überirdisch. Ich glaube das war die beste Zeit in meinem ganzen Leben. Wir hatten die Möglichkeit mit all den Künstlern, welche uns in unserer Karriere stark beeinflusst haben und die wir verehren, zusammen zu spielen.
Das war unbeschreiblich” schwärmte Charles. “Wir hatten unser erstes Set um 13 Uhr bei praller Sonne gespielt. Das war sehr intensiv, aber es hat uns grosse Freude bereitet, denn die Show war extrem gut besucht, denn wir spielten direkt am Pool auf der Outdoor Stage.” fügte der Gitarrist noch hinzu. “Mike Portnoy hat ein kluges Konzept ausgearbeitet. Alle Bands spielten zwei Einstunden-Sets so konnte jeder an Board seine Lieblingsband wenigstens einmal live erleben.”
Mit 1‘500 Besuchern war der Event ganz gut besucht, obwohl es für knapp 2000 Leute Platz gehabt hätte. Richard war mit der Besucherzahl sehr zufrieden, denn es wirkte nicht vollgestopft und jeder hatte noch genügend Platz sich problemlos auf dem Schiff hin und her zu bewegen. “Ich werde das nächste Mal auch wieder gehen, selbst wenn wir dort nicht spielen werden. Dann kauf ich mir eben ein Ticket. Die Atmosphäre ist unbeschreiblich, das muss man erlebt haben.” schwärmte Charles.
Immer wieder erwähnen die zwei, wie sehr sie es geschätzt haben, mit der absoluten Elite des Prog Genres auftreten zu dürfen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass in den Köpfen von Haken noch gar nicht angekommen ist, dass es mittlerweile auch anders herum sein könnte. Die grossen Vorbilder werden selbst zu Fans von Haken. Sei es ein Jordan Rudess von Dream Theater der mit stolz geschwellter Brust im Haken T-Shirt gesichtet wird oder der Ausnahmeschlagzeuger Mike Portnoy, der sich schon mehrfach überschwänglich zum Album “The Mountain” geäussert hatte.
Der Schock bezüglich des überraschenden Ausstiegs von Bassist Tom McLean sitzt anscheinend gar nicht mehr so tief in den Knochen. Für den Auftritt bei der Progessive Nations At Sea-Kreuzfahrt konnten sie Pete Rinaldi von Headspace motivieren. Der Gitarrist hatte kurzfristig am Bass ausgeholfen. Mit Conner Green hat man einen aktuellen Dauer-Ersatz gefunden, mit dem man mehr als zufrieden sein scheint. “Es ist eine Bereicherung für uns, die unterschiedlichen Interpretationen der Songs durch ihn zu hören. Conner hat das innerhalb kürzester Zeit hin bekommen und das komplette Haken Set in 1,5 Monaten einstudiert.” staunt Richard. “Irgendetwas Dubioses geht in Conners Kopf vor. Er saugt alles einfach auf wie ein Schwamm. Ich will eigentlich gar nicht wissen was da in ihm vorgeht. Es kommt mir vor, als hätte er eine Harddisc in seinem Kopf eingebaut”, witzelt Charles.
Die ganze Welt (nun, ich liebe es immer ein wenig zu übertreiben) schaut nun auf die Zukunft von Haken. Wie geht es denn jetzt weiter und vor allem, kann man dem Druck widerstehen, der bezüglich des nächsten Releases auf den Schultern lastet? “Nein, das sehen wir ganz entspannt, denn das nächste Album wird noch besser werden” lacht Charles verschmitzt. “Wenn wir das aktuelle Album “The Mountain” anhören, dann finden wir immer etwas, was man hätte besser machen können. Daher bin ich überzeugt, es gibt genügend Spielraum und Möglichkeiten sich noch weiter zu entwickeln und zu verbessern”, wirft Richard ein.
Aktuell ist man daran an neuen Songs zu feilen welche leider nur auf einer EP erscheinen werden. Vielleicht sprühen die Jungs ja nur so voller Tatendrang und es wird doch noch ein volles Album draus werden? Lassen wir uns einfach mal überraschen.
Auch wenn es noch nicht offiziell bestätigt wurde, so pfeifen es die Spatzen bereits vom Dach, denn “Night Of The Prog” Veranstalter und Bandmanager Winfried Völklein wird doch das Jubiläums-Festival 2015 nicht ohne seine Schützlinge Haken stattfinden lassen!? Die Zusammenarbeit zwischen der Band und Winfried kam übrigens zustande, indem Schlagzeuger Ray Hearne wegen Pain Of Salavation zum Night Of The Prog an die Loreley gepilgert ist und dort das Urgestein des Festivals getroffen und ihm eine CD zugeschoben hatte.
Text + Bild: Liane Paasila