Datum: 28. Oktober 2015
Im Gespräch mit: Alexander Veljanov von Deine Lakaien
Seit nunmehr 30 Jahren angeln sich Deine Lakaien von Glanzpunkt zu Glanzpunkt. Auch die aktuellste Platte «Crystal Palace» ist mehr als nur gelungen. Das silberne Husarenstück ist gleichzeitig auch Namensgeber und Dreh- und Angelpunkt ihrer Europa-Tournee. Ebendiese wollte sich Zürich natürlich nicht entgehen lassen und wunderbar heimspiel-artig entzückten Deine Lakaien im beinahe ausverkauften X-TRA. «Wir sehen zwar nie viel von dieser Stadt, aber spielen gerne hier. Mir wird oft attestiert, ich sei sehr distanziert, aber nicht so bei euch», lobhudelt Sänger Alexander Veljanov.
Der Lakai weiter: «Ich fragte vorher Ernst, wie viele Male wir eigentlich schon hier gewesen sind. Und aus der Hüfte geschossen meinte er, wir seien heuer sicher schon zum 15. Mal zu Besuch.» Das Gute bzw. noch bessere daran ist, dass weitere Besuche geplant sind. «Wir feiern nächstes Jahr Jubiläum. Wenn schon richtig kunstvoll lustwandeln, dann auf diese Zeitpunkt hin. Was unsere Fans erwartet, können wir noch nicht sagen, aber wir beabsichtigen, 30 Jahre Bandgeschichte in ein extravagantes Kleid zu stecken und über den Weltbühnen-Catwalk laufen zu lassen», verrät Veljanov verklausuliert.
Zu erzählen haben die Kult-Avantgardisten selbstredend viel, alleine schon ihre Tourneen und Festivalauftritten in China strotzen vor lustig-listigen Bizarrerien. «Das war jedes Mal ein unglaubliches Abenteuer. Richtig durchtrieben. Zum Einen geben sie sich sehr europäisch, sind strukturiert, durchorganisiert, zum Andern aber nicht konsequent genug. So kannst du in einer hochmodernen Konzerthalle spielen und anschliessend verelendest du im Backstageraum, der nichts anderes ist als eine vermaledeite Dunkelkammer», lässt er einblicken. Immerhin aber hätten die Chinesen ihren Namen stets richtig geschrieben, was europäische Journalisten selbst heute noch nicht hinkriegten. «Du glaubst gar nicht, wie viele A und E in Deine Lakaien steckt», sagt der studierte Theater- und Filmwissenschafter Veljanov mit einem vergnügten Lächeln.
Dieses Lächeln führte er auch auf der Bühne spazieren – während rund 1,5 Stunden. Zwar ist es deren «Crystal Palace»-Tour, aber die Setlist ist grosszügig gespickt mit früheren Songs, jeder einzelne bearbeitet, re-arrangiert und ungemein fesselnd. Genau das macht Deine Lakaien andersartig, überragend bis erhaben. Denn sie werden nie müde, sich zu transformieren, das eigene Schaffen immer und immer wieder auf die Probe zu stellen und 30 Jahre von Innen nach Aussen zu stülpen.
Ernst und Alexander,
ich bin ganz durcheinander.
Denn was ich fest vermisse,
das ist keine Prämisse.
Nein, auch nicht einen Baum,
doch habe ich dafür nen Traum.
Und der soll sein Realität,
aber keinerlei Absurdität.
Denn was ich von euch verlange,
sind keine Kleider ab der Stange.
Nur das eine, nur das eine,
fehlt mir das, dann fallen mir ab die Beine.
Ich würde selbst das ertragen,
solange ihr mir nehmt das Unbehagen.
Deine Lakaien – ich mag dich,
spielt doch endlich auch mal wieder «Lass mich»!
Interview: Cyril Schicker
Bilder: Roland Schenker