Datum: 3. Juni 2013
Ort: Kongresshaus – Zürich
Im Gespräch mit: Lisa Gerrard von Dead Can Dance
Dead Can Dance präsentieren heute im Kongresshaus Zürich ihr neues Album und spielen ausgewählte Songs aus ihrem reichhaltigen Fundus: ein sehr spezieller Konzert-Abend und Anlass für ein kurzes Interview mit Lisa Gerrard (Brendan Perry ist noch mit dem Soundcheck beschäftigt). Eine entspannte und überaus freundliche Lisa Gerrard plaudert offen über die Entstehungsweise des typischen DCD Sounds und hat ein paar hübsche Anekdoten über ihre Art Musik zu machen erzählt.
aron: Dead Can Dance sind zurzeit mit ihrer Tour und vielen Konzerten auf der ganzen Welt unterwegs. Ihrem schweren, manchmal düsteren und zugleich mystischen Sound kann sich der Zuhörer fast nicht entziehen. Wie ist das für euch und wie entstehen eure Songs?
Lisa Gerrard: Unsere Musik entsteht nicht, sie kommt aus uns heraus. Einige Elemente, wie zum Beispiel die spezielle Rhythmik auf „Anabasis“, werden hingegen fast wie auf dem Reissbrett konzipiert. Das Ganze ist dann wie eine Collage, unsere Ideen, Gefühle und Einflüsse werden darin verwoben…
aron: Lisa Gerrard, vor vielen Jahren (17.11.1987) habt ihr schon einmal am Zürichsee gespielt (LG blickt aus dem offenen Fenster in Richtung Rote Fabrik). Das war damals mit eurem dritten Album (Within The Realm Of A Dying Sun). Seither habt ihr euch stetig verändert und die Musik ist offener geworden – dennoch sind Dead Can Dance unverkennbar und einzigartig geblieben. Werdet ihr auch weiterhin Musik machen?
Lisa Gerrard: Ist das schon soo lange her? Ich kann mich fast nicht mehr daran erinnern!
Und ja! Wir können nicht Leben ohne Musik zu machen! Ohne diese kreative Gefühlsarbeit würden wir verzweifeln, in ein Chaos aus Gefühlen stürzen. Musik ist unsere Art mit alledem umzugehen, einen Ausdruck zu finden für Dinge, die uns beschäftigen. Es ist fast wie eine Art Therapie der wir uns hingeben, ja sogar darin abtauchen und uns gleichzeitig für anderes öffnen können. Gleiches gilt wohl auch für unsere Zuhörer: nicht selten sind im Publikum welche die nicht mehr aufhören können zu weinen (schmunzelt).
aron: Musik ist ein sehr zentraler Punkt in eurem Leben, hört ihr euch auch andere Musiker an?
Lisa Gerrard: Ja, manchmal höre ich mir andere Musik (auch im Internet) an um auszuspannen. Das kann dann durchaus auch laut und „heavy“ sein. Während den Aufnahmen zu einem neuen Album oder generell in einer Schaffensphase schotte ich mich jedoch ab, um mich voll und ganz auf uns zu fokussieren.
aron: Ein Song aus dem aktuellen Album heisst „Opium“ – eure Musik und vor allem eure Konzerte sind, was die Intensivität betrifft, auch eine Art Droge.
Lisa Gerrard: (lacht) Die meisten unserer Zuhörer an den Konzerten sehen das wohl auch so… (klopf,klopf – die Tourmanagerin: noch eine Frage)
aron: Lisa Gerrard’s Stimme und ihr Gesang sind ein Instrument. Nicht selten ist auch keine eigentliche Sprache vorhanden/hörbar. Trotzdem wird eine Aussage gemacht – und auch so verstanden. Sind denn Wörter und Sprache(n) vielleicht gar nicht so wichtig, wie das heute empfunden wird?
Lisa Gerrard: In der Tat ist es so, dass eine Stimme ein Ausdruck von Gefühlen ist! Dieser Ausdruck bedarf manchmal keiner Worte. Eher ist es so, dass vielleicht der Beginn der Sprache an und für sich so zu verstehen ist: Töne und Laute für Dinge und Gefühle – mit dem komplexen Sprachgebrauch von heute nicht (mehr) zu vergleichen und doch sind es diese „einfachen“ Äusserungen die es uns erlaub(t)en Worte für so vieles zu (er)finden. So oder ähnlich wird es wohl in der Vergangenheit gewesen sein, als sich die (griechische) Sprache entwickelte.
aron: Lisa Gerrard, vielen Dank für das interessante Gespräch und ich freue mich auf das Konzert.
Text: aron