18. August 2017
Im Gespräch mit: Andi und Ron von den Broilers
25 Jahre ist es her, seit sich die Band in Düsseldorf gefunden hat. Im Interview vor ihrem Auftritt an den 42. Winterthurer Musikfestwochen erzählten uns Schlagzeuger Andi und Gitarrist Ron, dass auch nach all dieser Zeit noch eine grossartige Freundschaft unter den Mitgliedern besteht.
Sarah: Hattet ihr jetzt eine Woche Pause seit dem letzten Auftritt?
Andi: Genau, zumindest eine Woche lang waren wir jetzt zu Hause, haben noch einmal geprobt und den Rest dann ausgekatert und erholt, damit wir heute fit sind.
Und morgen spielt ihr ja gleich wieder.
Andi: In Gampel, genau.
Und wann fahrt ihr morgen früh los?
Andi: Wir fahren heute Nacht um eins, glaube ich.
Okay, dann habt ihr eine kurze Nacht …
Andi: Die haben wir auf jeden Fall. Nein, wir haben ja mittlerweile das Glück, dass wir mit Nightlinern unterwegs sind, das heisst, wir können gemütlich pennen im Bus. Und sind dann morgens halbwegs ausgeruht.
Ron: Oder auch nicht – nicht jeder pennt.
Andi: Wenn ‘ne Dose Faxe dazwischenkommt, dann wird es doch eine kurze Nacht.
Was ist anders, wenn ihr im Sommer auf Festivals spielt, verglichen mit Klubshows?
Ron: Klubshows sind natürlich mehr am Stück, und wenn’s dann eine richtige Tour ist, muss man sich ein bisschen mehr disziplinieren.
Andi: Warum guckst du mich so an? (Beide lachen)
Ron: Ich dachte, du guckst zurück! Nein, da muss man sich natürlich ein bisschen mehr disziplinieren, weil man da jeden Abend 100 Prozent Gas gibt, und so weiter. Bei Festivals ist es tatsächlich eher wie ein Freundewochenende. Man hat ein oder zwei Shows und da kann’s am letztes Abend auch schonmal schön eskalieren – bei dem einen oder anderen vielleicht auch schon früher – aber man geniesst natürlich, gerade heute, das Wetter. Da hatten wir jetzt letztes Wochenende nicht so viel Glück, aber –
Andi: Den ganzen Sommer hatten wir kein Glück! Normalerweise bin ich derjenige, ich reg’ mich auf sobald es wärmer als 20 Grad wird. Aber dieser Sommer war echt nicht gut für uns. Wir hatten gefühlt jedes Wochenende Regen.
Ron: Aber keines war so schlimm wie letzte Woche.
Andi: Ja, letzte Woche war echt …! Morgens angefangen zu regnen und bis nachts einfach durch, es hat keine Minute nicht geregnet. Von daher freuen wir uns sehr über dieses Wetter heute, obwohl uns unsere Wetterfee schon verraten hat: Ab 19 Uhr soll’s hier richtig loslegen. Aber jetzt geniessen wir noch jede Sekunde, die wir haben.
Ja, ich drück euch die Daumen, ich meine, ihr bleibt wenigstens trocken auf der Bühne, wir im Publikum dann eher weniger.
Ron: Auch nicht immer. Der Andi vielleicht, hinten am Schlagzeug. Ja, aber da konnten wir wenigstens den Tag geniessen, und man hängt nicht den ganzen Tag im Container rum oder im Bus, man kann wenigstens rausgehen. Ich bin auch einmal komplett durch die Stadt gelaufen und hab mir hier so ein paar Gassen angekuckt, links, rechts, ist echt sehr schön.
Andi: Und alle so entspannt! So geil. Man kommt hier hin, alle Menschen sind super nett, super freundlich, entspannt, keine Ahnung. Am krassesten fand ich, wo dann in der engen Gasse hinten die Busse ausgeladen wurden, die LKWs. Sachen raus, da war keiner, der irgendwie gemeckert hat – in Deutschland wären da Opis mit dem Fahrrad langefahren, die erstmal (spricht unverständlich mit der Stimme eines meckernden Opis). Und hier sind alle vom Fahrrad abgestiegen und: «Oh, schön, schön».
Ihr habt ja schon einige Preise bekommen für eure Songs, dieses Mal auch den Echo.
Andi: Ja, genau, aber das war jetzt das erste Mal.
Wie ist das für euch – ist das wichtig?
Andi: Ich würde sagen, es ist schön, wir freuen uns auch jedes Mal da drüber, aber wichtig ist es, glaube ich, nicht. Es ist aber natürlich auch ein Zeichen der Wertschätzung für das, was wir machen – von daher freut man sich da natürlich drüber, klar.
Habt ihr denn Ziele, wo ihr hinwollt in den nächsten Jahren?
Andi: Es gibt ganz viele. Wir habenals Band immer so eine imaginäre Liste im Kopf. Es sind dann aber mehr so kleine Dinge. Da stand zum Beispiel jahrelang drauf: Einmal Nightliner fahren.
Ron: In der Philipshalle spielen.
Andi: Genau, in der Philipshalle in Düsseldorf spielen. Oder auch so Sachen wie ein eigenes Garderobencase. Das sind so teilweise alberne oder lustige Sachen, aber das sind so unsere Ziele, die wie Stück für Stück erreichen. Was als Nächstes da draufsteht – und da stehen noch ein paar Punkte drauf – wird aber nicht verraten, das ist nämlich wie bei einer Geburtstagstorte.
Ron: Träume und Wünsche, die verraten werden …
Andi: … Das geht nicht in Erfüllung. Daher bleibt das schön bei uns im Kopf.
Ron: Weil wenn’s nicht in Erfüllung geht, dann wusste es keiner!
Andi: Eben. Aber wir haben keinen klassischen Fünfjahresplan.
Was war denn das bisher das absolut Grösste, Tollste, Beste, das ihr als Band zusammen erlebt habt?
Andi: Es gab immer so ganz kleine Schritte. Es gab, wie wir es schon vorhin kurz angesprochen haben, dieses Konzert in der Philipshalle – da haben wir jahrelang von geträumt, und das dann zu erreichen, das war schon so ein Highlight. Dann sicherlich das erste Mal Rock am Ring zu spielen, war auch so ein Highlight.
Ron: Wie schon gesagt, auch mit dem Nightliner fahren. Oder schon überhaupt nicht mehr mit Privatautos zu fahren, sondern zuerst mal mit einem Neunsitzer, den man sich mietet, und dann wird das immer grösser. Dann hast du mal einen Kumpel, der mitfährt damit du nicht mehr selber fahren musst, und dann eben der grösste Schritt: Das mit dem Nightliner, dass man abends losfährt – unten kann man noch schön chillen und oben legt man sich dann in die Koje – und morgens ist man da, wo man hinwill. Im besten Fall.
Andi: Also, wenn es ein Highlight gibt, das ich wirklich ganz toll finde, dann dass uns das so geglückt ist – das hört sich jetzt mega kitschig an – aber: Dass man jede Woche drei Mal, vier Mal probt und dass man trotzdem nicht genervt von den anderen ist. Man hat natürlich mal seine kleinen Streitigkeiten oder geht sich gegenseitig auf den Geist, aber so, dass wir uns echt alle noch mögen und Freunde sind und Freude an dem haben, was wir machen.
Ron: Wir führen auf jeden Fall eine gute, gesunde Beziehung.
War für euch immer schon klar, dass ihr Musik machen wollt?
Ron: Hobbymässig ja.
Andi: Bei mir war es tatsächlich so, das erzählen meine Eltern sehr gerne: Beim ersten Mal, wo ich mir ein Schlagzeug gewünscht habe, war ich genau drei Jahre alt. Von daher war es bei mir schon sehr früh klar, dass ich das machen möchte. Aber dass das jetzt so geglückt ist, dass man davon leben kann, keinen Job mehr braucht nebenher, das hat man sich ja jahrelang gar nicht so richtig auszusprechen getraut. Aber ich glaube im Hinterkopf war das schon von jedem ein Wunsch, dass er das irgendwann mal schafft.
Ron: Jeder wünscht sich ja irgendwie, sein Hobby zum Beruf machen zu können.
Und gab es irgendwann den Moment, an dem ihr gedacht habt: „Okay, jetzt ist es richtig ernst – jetzt sind wir Berufsmusiker“?
Andi: Ich glaube so einen richtigen Moment, so ein Schlüsselerlebnis gab es bei mir nicht. Aber es hat ewig gebraucht, bis man auch von sich aus gesagt hat: „Ich bin Musiker“. Ich habe vorhin immer gesagt: „Ich bin Student und mache auch Musik“.
Ron: Ja, es ist komisch, irgendwie. Nach wie vor, aber es ist einfach so. Ich bin jetzt „Profi“, wir sind „Profis“. (lacht)
Ihr habt euer letztes Album unter dem eigenen Label veröffentlicht. Was war die Motivation dafür?
Ron: Definitiv das Selbermachen. Wenn’s auch einiges schwieriger macht, andere Sachen dafür wieder leichter. Dass man nur untereinander diskutieren muss, was man sonst nochmal mit einem Plattenlabel diskutiert. So sind wir einfach freier. Wir können einfach machen und das Geld so ausgeben, wie wir es wollen. Auch wenn wir noch eine Woche oder einen Monat länger im Studio bleiben, dann müssen wir nur mit uns klarkommen und müssen das nicht noch irgendwo anders mit jemandem diskutieren. Die Freiheit, das Selbermachen, selber in die Hand nehmen.
Andi: Der Vertrag, den wir mit „People Like You“ hatten, war ausgelaufen. Der ging über drei Platten, die wir mit ihnen zusammen gemacht haben, und dann mussten wir uns sowieso überlegen: Wie geht es jetzt weiter – gehen wir zu einem grossen Label, bleiben wir bei „People Like You“ oder machen wir es ganz selber? Dann haben wir mit allen Labels gesprochen, uns auch deren Angebote angehört, aber irgendwie war uns von Vorneherein klar: Am liebsten würde man das selbst machen. Dann mussten wir uns nur noch überlegen: Trauen wir uns das, gehen wir das Risiko ein? Und da haben wir gedacht: Ja, klar, warum nicht. Hat ja dann Gott sei Dank geklappt.
Ihr spielt ja heute Abend mit Feine Sahne Fischfilet und Kraftklub. Habt ihr eine Beziehung oder Freundschaft mit den Bands?
Andi: Feine Sahne hatten wir schon mehrfach mit auf Tour gehabt. Sie haben uns auf Tour supported. Super Jungs, macht Spass mit denen. Mit Kraftklub haben wir auch schon das eine oder andere Mal auf Festivals gespielt.
Ron: Ja, auf Festivals ist es ja dann oft so, dass man da irgendwie zusammenkommt. Im Backstage, meist abends, wenn dann mehr Getränke fliessen.
Andi: Wir haben auch mal zusammen in Düsseldorf auf einem Festival mit denen gespielt, und dann sind wir noch gemeinsam in eine unserer Stammkneipen gezogen und haben uns da ganz gut voll gemacht. Ich weiss nicht, ob die am nächsten Tag noch weitermussten …
Ron: Wir waren ja Zuhause. (lacht)
Andi: War ganz gut, von daher: Heute wird bestimmt auch ganz gut.
Gab es etwas, was richtig, richtig schlimm war, oder richtig, richtig schief ging bei einem Konzert?
Andi: Ja, klar. Es gab zum Beispiel einmal das Ding, wovon ich immer noch ein Trauma habe: Bevor wir auf die Bühne gehen, ist die Bühne oft mit einem grossen Vorhang verhangen und auf Knopfdruck fällt das Ding dann runter. Im besten Fall. Und das ist dann tatsächlich mal nicht runtergegangen, weil irgendwo die Technik nicht funktionierte.
Ron: Das war aber auch die Vorkriegstechnik von unserem Techniker, der sparen wollte.
Andi: Das war echt eine blöde Situation. Irgendwann haben die Leute in der ersten Reihe angefangen, an diesem Ding zu reissen, sodass beinahe die ganze Traverse runtergefallen wäre. Immer noch, wenn ich mich ans Schlagzeug setze, habe ich so einen kurzen Moment, wo ich mir denke: Okay, hoffentlich fällt das Teil runter.
Ron: Die meisten Sachen kann man auch irgendwie überspielen oder fallen den meisten vielleicht gar nicht auf. Am schlimmsten sind halt wirklich die Träume, die man dann so hat. Man kommt zu spät zur Bühne, man ist gar nicht da, die Instrumente sind nicht da … Zum Glück alles noch nicht vorgekommen.
Andi: Doch, doch, doch! Also, die Ines mal … Wo die Ines noch pinkeln war …
Ron: Das wollte ich hier nicht so breitreden!
Andi: Ines war noch pinkeln und hörte dann aus dem Pissoir-Teil, dass es schon losging und kam dann zu spät auf die Bühne.
Ich habe mal geträumt, dass mitten auf der Bühne die Saiten an meinem Bass rissen. Einfach so, mitten im Spielen.
Andi: Auch nicht so geil.
Ne, aber zum Glück nicht so realistisch.
Ron: Bei mir werden auch immer die Bühnen grösser. Man steht drauf und dann merkt man: Ah, verdammt, ich habe ja das Instrument gar nicht! Dann must du nochmal Backstage laufen und dann wieder zurück, und der Weg wird immer länger. Oder dann musst du mal einmal aussen rum, und dann lassen sie dich nicht wieder rein, weil du irgendwie die Karte oder den Bändel nicht dabeihast. Vor den Touren wird’s immer noch mal ganz bescheuert im Kopf.
Ja gut, dann hoffe ich, heute Abend geht alles gut und ohne Panne und Unglück vonstatten!
Interview: Sarah Rutschmann