7. März 2019
Im Gespräch mit: Brent Fitz, Drummer von Slash.
Vor dem ausverkauften Konzert in der Samsung Hall trafen wir uns mit einem der „Verschwörer“, dem Drummer Brent Fitz, und unterhielten uns mit ihm über die aktuelle Tour und das neue Album „Living The Dream“.
Madeleine: Wie geht es dir? Ihr seid auf einer sehr langen Tour unterwegs?
Brent: Ja, dies ist bisher unsere längste Tour. Wir haben um die Weihnachtszeit eine Pause gemacht, nachdem wir im September in den USA unterwegs waren. Es ist definitiv eine komprimierte Tour, denn normalerweise sind wir für eineinhalb Jahren unterwegs, aber dieses Mal mussten wir die ganze Welttour in die Zeit von Januar bis August unterkriegen, weil Myles ein weiteres Alter Bridge-Album aufnehmen wird. Vor Europa waren wir schon in Asien sowie Australien. Zum Schluss werden wir wieder in den USA, wie auch Kanada unterwegs sein.
Wie bereitet sich ein Drummer auf so eine lange Tour vor?
Als Schlagzeuger hat man wohl die meiste körperliche Anstrengung von allen, weil sich jedes Glied an deinem Körper bewegt und manchmal bemerke ich, dass während der Show jemand in der Band für einen Moment eine kleine Pause bekommt, ich jedoch spiele durchgehend. Ich komme zeitweise auch gar nicht mal dazu Wasser zu trinken, aber ich mache das jetzt schon seit über 30 Jahren. Ein wichtiger Punkt für mich ist, dass ich mich trotzdem fit halte, auch wenn ich nicht auf Tour bin mit einer Band. Ich mag es persönlich nicht, wenn es zu komfortabel wird und ich länger nicht unterwegs bin und spiele. Mit Slash machen wir jedoch auch immer eine intensive Tour-Vorbereitung und proben die Shows gut im Vorfeld durch, denn Slash liebt es, übervorbereitet zu sein. Einige Bands proben die Shows vorher gar nicht und proben dann direkt auf der Tour. Wir machen auch täglich den Soundcheck mit.
Den Soundcheck macht ihr mit der kompletten Band?
Ja, und das ist fantastisch, weil wir uns dann schon immer rund 45 Minuten warmspielen können, bevor wir für die eigentliche Show auf die Bühne gehen. Wir sind nun schon seit zwei Monaten unterwegs und alle unsere Muskeln, plus alles was du sonst für die Shows brauchst, sind in Form. Wir geben gut auf uns acht, wir sind ja auch alle älter geworden, da ist Party machen kein grosses Thema mehr. Ich kann dir auch keine einzige Geschichte dazu erzählen, wie die meisten Bands dies wohl können, von einer After-Show Party, da es dies bei uns gar nicht mehr gibt. Wir steigen nach der Show in den Bus und fahren zur nächsten Show. Es ist einfach nicht mehr so, wie es vielleicht früher mal so war, auch deshalb, weil es sehr anstrengend wird, wenn wir mehrere Shows nacheinander spielen. Auch auf dieser Tour spielen wir zum Teil drei Shows in Folge, was insbesondere sehr anstrengend für den Sänger ist. Ich habe auch grossen Respekt deswegen vor Myles, aber für ihn ist es in Ordnung, drei Shows hintereinander zu singen.
Ja, ich denke auf so einer langen Tour kann dies wirklich sehr anstrengend werden.
Ja, es sieht verrückt aus, wenn du dir den Tour-Plan anschaust, aber nach einer Weile gewöhnt man sich dran und weiss auch gar nicht mehr, wann die Tour genau endet oder man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie es ist, nicht mehr unterwegs zu sein.
Wie bereitest du dich auf die Shows direkt vor? Du bist ja noch in weiteren Bands mit dabei.
Nun, der Ausgangspunkt ist eine ganze Reihe von verschiedenen Songs, für welche ich einen Speicherplatz brauche, und dies tue ich Mithilfe meines Telefons, auf welchem ich alle meine Setlisten gespeichert habe. Vor der Tour mit Slash spielte ich mit Gene Simmons und Kiss, also hatte ich rund 40 andere Songs im Kopf, die ich spielte. Dazwischen gab es auch noch andere Engagements. Ich habe alle Setlisten auf Spotify gespeichert und benutze dies als Werkzeug, um alle meine Setlisten aufzubewahren. Die ganze aktuelle Slash-Setlist habe ich als Spotify-Playlist gespeichert. Auch behalte ich alle Setlisten auf, weil ich nie weiss, wann ich wieder angefragt werde, um mit einer Band zu spielen. Das Schwierigste von allem ist eigentlich, alle Songs die ganze Zeit über zu kennen, auch weil ich in anderen Bands noch andere Instrumente spiele. Ich bin also nicht immer nur ein Drummer, doch habe ich vor Jahren die Entscheidung getroffen, Musik zu meinem Lebensunterhalt zu machen. In der Zeit, in welcher ich nicht mit Slash spielte, habe ich auch mit anderen grossartigen Künstlern zusammengearbeitet, weil ich es einfach liebe, mit unterschiedlichen Personen und Bands zu arbeiten. Die Pause zwischen den Slash-Alben hat sehr gutgetan und den ganzen Spirit der Band wieder erneuert. Wir haben uns alle nach dieser Zeit sehr darauf gefreut, wieder zusammen zu arbeiten. Dies macht wohl auch das „Living The Dream“ Album so grossartig, denn statt dem normalen Zyklus „Album aufnehmen, Tour, ein weiteres Album aufnehmen“, haben wir eine Pause gemacht, auch wenn wir nicht sicher wussten, ob wir je nochmals zusammenkommen werden. Ja, somit gibt es eigentlich immer irgendwelche Songs in meinem Kopf, da hat es gar keinen Platz mehr für viel anderes.
Wie funktioniert dies mit den verschiedenen Bands, hörst du dir all die Songs von Zeit zu Zeit immer wieder an? Mir ist nur von anderen Musikern bekannt, dass wenn man zum Beispiel Songs einige Zeit nicht mehr spielt, diese vergessen gehen.
Das Wichtigste ist, dass du einen Überblick behältst, vergessen wirst du die Songs, in gewissem Masse sowieso. Wenn ich zum Beispiel etwas spielen sollte, was ich vor fünf Jahren zuletzt gespielt habe, bin ich vielleicht nicht direkt bereit, es vollumfänglich perfekt zu spielen, aber da dies mein Lebensunterhalt ist, muss ich das alles einfach intus haben irgendwie.
Also sind die Songs sozusagen in deinem Blut?
Ja genau. Songs, an denen ich mit Slash gearbeitet, aber vielleicht seit Jahren nicht mehr gespielt habe, muss ich trotzdem kennen. Wir haben sie gemeinsam geschrieben und gespielt, hier gibt es eigentlich keine Entschuldigung dafür, diese dann nicht mehr zu kennen. Da darf es kein „oh, ich erinnere mich nicht mehr“ geben. Auch wenn ich die Songs nicht mitgeschrieben habe, jedoch ein Fan von der Musik war oder bin, fällt es mir eigentlich leicht, die Songs zu kennen, ganz einfach, weil ich die Musik mag. Ich spiele auch gerne mit Leuten, zu denen ich aufblickte oder mit denen ich schon immer arbeiten wollte, was die gemeinsamen Auftritte zwar nicht einfacher macht, jedoch liebe ich es, mit Musikern zu arbeiten, mit denen ich aufgewachsen bin und welche meine Inspiration waren.
Gibt es denn eine Person oder eine Band, mit der du gerne Musik machen würdest?
Ja, davon gab es Einige in den letzten 20 Jahren, die man kennt und etwas muss ich richtig machen, wenn ich in der Lage bin, ein solches Level zu erreichen, um mit jemandem zu spielen, den ich wirklich bewundert habe. Man sollte immer irgendwie auch ein Fanboy bleiben. Ich freue mich immer darauf, diese Persönlichkeiten zu treffen und man setzt sein Level automatisch immer höher an. Mit Paul McCartney zu arbeiten, war für mich beispielsweise eine grosse Ehre, ich meine, wie hoch muss so ein Level gelegt sein, um mit einem Beatle zu spielen! Ich hatte zuvor noch nie mit jemandem wie einem Beatle gespielt, das war unglaublich! Slash ist ein legendärer Gitarrenspieler, aber selbst er geniesst es immer noch, mit Personen zusammenzuarbeiten, zu denen er aufschaut. Und ich möchte dieses wunderbare Gefühl auch für mich beibehalten. Viele Leute blicken zurück, wenn sie pensioniert sind, und denken, ja, das war grossartig, was ich da vor vielen Jahren gemacht habe. Für mich ist das, was ich heute tue das Beste, und nicht das, was ich in meinen 20ern getan habe. Ich arbeite heute mit den besten Musikern, habe eine gute Zeit mit ihnen und ich versuche, immer im Jetzt zu leben. Sicherlich war Gene Simmons in den letzten Jahren eine grosse Persönlichkeit für mich, denn Kiss war wahrscheinlich eine der einflussreichsten Bands, als ich anfing, Musik zu machen. Das war vielleicht so, als ob man etwas auf seiner Checkliste abhacken kann. Es ist unbeschreiblich, solche Momente mit so grossartigen Leuten zu teilen, ich kann dies gar nicht richtig in Worte fassen. Es ist eine Sache, dass ich es geniesse, mit solchen Persönlichkeiten zu spielen, jedoch ist ein sehr gutes Gefühl, zu sehen und spüren, dass sie es auch geniessen mit mir zu spielen. Ich komme ursprünglich aus einer Kleinstadt in Kanada, wuchs also nicht in einer Art Hollywood-Umgebung auf oder irgendetwas in der Art. Alles hat auf einem sehr kleinen Niveau begonnen und sich nach und nach aufgebaut. Ich würde sagen, dass ich jetzt auf dem Level bin, auf dem ich gerade bin, ist wirklich eine wunderbare Sache für ein kanadisches Kleinstadt-Kind.
Wie benennst du für dich die Zusammenarbeit mit Slash, ist dies für dich ein musikalisches Projekt oder eine Band?
Es ist definitiv eine Band und dies aus mehreren Gründen. Die Band besteht nun seit gut neun Jahren und die Bandbesetzung ist seither immer gleich, vom ersten bis zum jetzigen Album. Auch beweist die Pause, welche wir jetzt gemacht haben, dass es zwischen uns etwas geben muss, dass alle reizt, motiviert und inspiriert, wieder als Band zusammen zu kommen. Die letzten beiden Platten lagen viel näher aneinander. Die längere Pause jetzt hat die starke Verbindung der Band gezeigt, dass auch alle nach der Rückkehr zu anderen Bands wieder zusammenarbeiten wollen. Es gibt viele Bands, welche die ganze Zeit über zusammen sind, was eine andere Art von Verbindung ist und vielleicht auch mit mehr Spannungen verbunden. Aber welche Konstellation oder welche Art von Bandzusammensetzung bessere Musik macht? Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass Slash grossartig zum Songs schreiben ist, weil er jederzeit Ideen hat. Wenn er mit einer Idee kommt, versuchen wir, etwas daraus zu machen und es gibt es nicht, dass jemand sagt „das ist ja schrecklich“. Wir bekommen aus jeder Idee immer einen guten Song zusammen.
Wie läuft dann das Songwriting ab, macht ihr das alle zusammen oder gibt einfach jeder seinen Input dazu?
Nun, jeder Song muss aus etwas entstehen, aus einer Art Samen und dieser Samen ist Slash. Der Samen ist zum Beispiel eine Idee eines Gitarrenriffs, das Slash vorlegt, Todd und ich steigen mit ein, so werden die Songs von Grund auf aufgebaut und Myles setzt dann normalerweise Texte und so weiter dazu. Songwriting machen wir auf die klassische Art, wir kommen zusammen, wir schauen uns an und spielen. Andere Bands machen dies vielleicht heute via Computer, geben ihre Ideen dort ein und teilen diese den anderen Bandmitgliedern mit. Selbst Rock´n´Roll kann heute per Computer gemacht werden. Zeitweise benutzen wir auch unsere Telefone, wie du grad deines nutzt, um das Interview aufzunehmen, um Songideen zu sammeln und auszutauschen.
Ich habe im Vorfeld mal noch das „World On Fire“ Album mit dem aktuellen „Living The Dream“ Album verglichen und meiner Meinung nach, kommt das aktuelle Album einiges härter und rockiger daher.
Das „World On Fire“-Album ist länger, die Songs sind mehrteilig und wir haben intensiver an der Vorproduktion gearbeitet, bevor wir tatsächlich aufgenommen haben. Für das aktuelle „Living The Dream“ Album hatten wir nur eine limitierte Zeit, aber diese Limitierung hat dem Album sehr gutgetan, wie ich finde, weil wir es nicht überanalysiert haben. Wir hatten nur begrenzt Zeit, es aufzunehmen und um die Songs auszuarbeiten. Als wir mit Slash ins Studio kamen, hatten wir noch einige alte Songs, die wir für „World On Fire“ geschrieben hatten. Sie waren noch nicht ganz fertiggestellt, aber es waren ziemlich gut realisierte Ideen und diese Songs sind nun auf dem neuen Album. An diesem ersten Tag im Studio, etwa zwei Monate vor den Aufnahmen, fing Slash an, einen Gitarrenrhythmus zu spielen, Todd und ich waren auf Anhieb begeistert und spielten mit. Dieser Song ist „Mind Your Manners“. Er ist so schnell entstanden, innerhalb der ersten 5 Minuten, in denen wir im Studio zusammen waren. Dieser Song hat dann quasi den Sound des Albums bestimmt. Für mich war es nach der Fertigstellung des Albums erstmal so, dass ich sehr hoffte, dass es die Leute auch mögen werden, weil wir einige Dinge, ein wenig einfacher behalten und es nicht überanalysiert haben. Und es ist so, wie du gesagt hast, es ist rockiger geworden, aber die Leute mögen diesen raueren Ton anscheinend.
Wie ich persönlich finde, ist es ein sehr starkes Album geworden.
Danke, dass du das sagst. Du kannst es einfach im Voraus nie genau wissen, wenn du ein Album veröffentlichst. Alles was du weisst, ist, dass es dein Lied, deine Idee und das Werk der Band ist. Wie ein Baby, welches du loslässt und am Anfang einfach nur abwarten und zusehen musst, wie es ankommt. Die Songs vom „Living The Dream“-Album machen auch den grössten Teil des Live-Sets aus. Viele andere Bands tun das nicht so. Sie nehmen ein neues Album auf und spielen davon vielleicht ein, zwei Songs live. Wir spielen sozusagen das komplette neue Album auch live, denn warum sollte ein Song nur für das Album geschrieben werden? Für die heutige Show haben wir ein paar Songs von der Setlist geändert, um eine Abwechslung in das Set zu bringen, so wird es auch für uns nie langweilig.
Wunderbar, vielen Dank für deine Zeit und viel Spass heute Abend.
Interview: Madeleine Fuhrer