Profound Lore Records / VÖ: 23. August 2024 / Black Metal
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Text: David Spring
Kanada, oh Kanada! Die Weiten des amerikanischen Nordens, wilde Natur und kaltes Wetter, Poutine und Tim Horton. Und Black Metal! Aus dem schönen Québec schallt es nämlich ganz besonders wüst und vernichtend, denn von da stammen Spectral Wound! Und die bringen uns nun ein vorzügliches neues Album: «Songs Of Blood And Mire»
Seit 2015 lärmt die Band aus dem modrigen Untergrund Montréals und nennt zwei Alben ihr Eigen, die bereits für Aufsehen in der Welt des Schwarzmetalls gesorgt haben. Spectral Wound lehnen sich gerne an die skandinavischen Vorgaben an, scheuen sich aber nicht davor, produktionstechnisch etwas tiefer in die Taschen zu greifen. Will heissen: schon beim furchteinflössenden Opener «Fevers And Suffering» bemerkt man, dass hier nichts an DIY-Spirit und garstiger Authentizität fehlt. Es scheppert und rumort glorreich, doch standen für die Aufnahmen durchaus mehr als nur ein defekter Kassettenrekorder zur Verfügung. Das Resultat ist kalter, vernichtender, aber auch druckvoller Black Metal aller erster Güte.
«At Wine-Dark Midnight In Mouldering Halls» (was für ein Titel!) ist ein furioser, wilder Anschlag auf die Sinne. Die Stimme von Vokalist Jonah ist furchteinflössend, kreischend und dämonisch, die Gitarren bombastisch und schneidend und die Blastbeats blitzgeschwind. Spectral Wound kreieren dunkle Atmosphären und malen mit den schwärzesten aller Farben. Doch immer wieder wird das trostlose Soundgewand durch kreative Mittel aufgelockert. Im eben erwähnten Song finden sich beinahe folkig anmutende Akustik-Gitarren, die sich unter den gewaltigen Riffgewittern verstecken. Und das formidable «Aristocratic Suicidal Black Metal» (das Songtitel-Game der Band ist über alle Zweifel erhaben!) wartet sogar mit einem genialen, mehrstimmigen Gitarrensolo auf. Es ist eine wundervolle Freude, sich auf diese verstörende, musikalische Entdeckungsreise zu begeben.
Spectral Wound scheinen verstanden zu haben, dass das Erfolgsrezept im Black Metal vor allem beinhaltet, dass man sich selbst nicht allzu ernst nimmt und Spass bei der Sache hat. Hört man sich glorreiche Songs wie das rasante «The Horn Maraudering» oder das fast schon thrashige und ebenfalls vollends fantastische «Less And Less Human, O Savage Spirit» an, kommt man um ein breites Grinsen nicht herum. Die Songs machen unglaublich Spass, die abgrundtief schaurige Atmosphäre, die wundervolle Produktion, das talentierte Musizieren und kreative Schaffen überzeugen auf sämtlichen Ebenen.
«Twelve Moons In Hell» bringt ein letztes Mal sämtliche rabenschwarzen Qualitäten an den Tag und schliesst die Platte nach knapp 45 Minuten wohltuend ab. Rasant und unaufhaltsam drischt sich der Song in die Ohren und Spectral Wound damit in die Herzen. Es ist allerfeinster Black Metal, kalt und roh, doch voller Herz und Authentizität. Genau so soll es sein, darum enden wir mit ein paar schönen Worten der Band selbst: «I saw below many devils, many damned. […] All looked up, screaming «join us! Join us in decline!»»