Datum: 21. Februar 2011
Ort: Zürich
Geschrieben von: Nicole Imhof
Im Gespräch mit: Sharon den Adel von Within Temptation
Diesen März ist es endlich soweit und die Holländer Within Temptation bringen ihr neuestes Werk auf den Markt. „The Unforgiving“ heisst das gute Stück, ein Konzeptalbum, basierend auf einer Comic-Geschichte von Steven O’Connell (BloodRayne). Das klingt schon mal sehr spannend und deshalb liessen wir uns die Chance um ein Gespräch mit Frontfrau „Sharon“ nicht entgehen.
Nicole: Hallo Sharon, wie geht es dir, du bist ja gerade Hochschwanger.
Sharon: Danke, mir geht es hervorragend. Den Umständen entsprechend sehr gut.
Nicole: Dann erst mal alles Gute hierfür.
Sharon: Danke.
Nicole: Bleiben wir als erstes doch gleich beim Thema Familie. Dein Mann und du, ihr seid ja beide in der Band. Wie schwierig ist es für euch, die Zeit nach Familie und Band aufzuteilen, wie handhabt ihr das?
Sharon: Ozzy Osbourne hat vier Kinder, von dem her sollten wir das doch auch hinbekommen. 🙂 Nein, es ist sicher nicht einfach, man muss einfach die Balance zwischen alledem finden. Wir gehen deshalb nicht Non-Stopp auf Tour, sondern nur für ein paar Wochen und kommen dazwischen immer wieder nach Hause. So sehen wir uns alle möglichst schnell wieder und verlieren nie den Kontakt. Und andererseits, wenn wir an einem Album arbeiten, dann sind wir wiederum für etwa zwei Jahre zu Hause.
Aber es ist schon so, dass wir viel unterwegs sind. Gerade die zweite Hälfte in diesem Jahr wird sehr anstrengend werden. Doch erst mal sehen wie es wird. Und wenn es nicht geht, wird Robert vielleicht zwischendurch öfters mal zurück fliegen müssen, aber das wird sich zeigen.
Nicole: Was würdest du sagen ist das Schwierigste in eurem Leben als Partner, Eltern und Bandmitglieder?
Sharon: Es hat natürlich für uns auch Konsequenzen. Wir schreiben z.B. keine Lieder mehr zusammen. Sonst würden wir ja nur noch zusammen sitzen und zwischendurch etwas Essen und wieder Arbeiten, das wollen wir nicht. Deshalb hat jeder sein Zimmer und arbeitet für sich selber und zum Essen treffen wir uns dann. 🙂
Auch ist es für die Beziehung besser, wenn wir unabhängig voneinander Dinge machen, sonst hätten wir irgendwann nichts mehr dem anderen zu erzählen und das wäre doch langweilig. Wenn du immer mit der gleichen Person zusammen bist und den anderen in- und auswendig kennst, dann vergisst man bald einmal, wie speziell dieser Mensch doch eigentlich ist. Ich denke, das ist die Gefahr, wenn man alles zusammen macht. So hatten wir auch schon unsere Höhen und Tiefen, aus denen wir schlussendlich gelernt haben.
Nicole: Und was ist das Beste daran?
Sharon: Sicherlich dass man oft zusammen ist und vieles gemeinsam erleben kann würde ich sagen. Doch man muss einfach ehrlich sein und auch sagen können, wenn der eine von uns beiden vielleicht kurz alleine sein möchte oder etwas alleine mit seinen Freunden unternehmen möchte. Wir gehen z.B. ab und zu getrennt in die Ferien und dann wieder zusammen und das ist ok so. Wenn ich Lust habe nach Milano shoppen zu gehen an einem Wochenende oder an ein Konzert, dann mache ich das einfach und er macht das gleiche mit seinen Freunden.
Nicole: Dann lass uns doch über euer neues Album sprechen, das ich bereits bekommen habe und mir wirklich gefällt. Was mir als erstes aufgefallen ist, ist natürlich das Cover mit dieser Comic-Figur und bei der ich mir dachte, ob diese Figur dich darstellen soll, sie sieht dir nämlich ähnlich?
Sharon: Oh wirklich? Danke. Das ist eigentlich nicht so gedacht, also die Figur basiert nicht auf mir, aber du bist jetzt schon die zweite Person, die das sagt. Sharon mit roten Haaren, ja. 🙂
Nicole: „The Unforgiving“ ist ganz klar ein Konzeptalbum, basierend auf einem Comic. Erzähl uns doch etwas über die Geschichte in diesem Comic, um was geht es da?
Sharon: Ja klar, ich erzähl dir aber erst mal, wie es überhaupt dazu kam. Wir wollten unsere Texte auf einer guten Geschichte basierend aufbauen. Und deshalb sind wir anfänglich mit den verschiedensten Filmproduzenten zusammen gesessen und haben versucht zu eruieren, welche grossen Filme in Amerika oder Europa demnächst in Planung kommen sollen. Wir haben nach einer Geschichte gesucht, die uns gefällt und passen könnte. Einige haben wir auch gefunden, nur war das Problem dabei, dass es einfach unmöglich war genau zu sagen, wann diese Filme schlussendlich anlaufen würden. Und da ein Release des Albums zusammen mit dem Film auf den Markt hätte kommen sollen, was einfach am meisten Sinn macht, war das dann doch zu kompliziert und nicht durchführbar.
Und so haben wir beschlossen, das Ganze selber in die Hand zu nehmen. So kam es, dass wir mit einem Freund von uns zusammen gesessen sind, mit dem wir bereits für das Game „World Of Warcraft“ zusammen gearbeitet hatten. Und der hat uns dann zu Steven O’Connell gebracht. Wir haben Steven gefragt, ob er etwas hätte, das für uns passen könnte, was allerdings nicht der Fall war. Jedoch hat er uns nach einer Weile wieder angerufen und eine neue Idee präsentiert.
Und das Prinzip dieser Idee, also dieses Hauptcharakters, war so etwas wie „Mother Maiden“. Eine Figur die ein Medium ist und Menschen zurück ins Leben bringen kann. Doch sie bringt nur diejenigen zurück, die grundsätzlich gute Menschen waren, jedoch etwas Schlimmes gemacht oder die falschen Entscheidungen getroffen hatten. Und um Erlösung zu finden und ihre Seele reinigen zu können, müssen sie im Auftrag dieser „Mother Maiden“ die „richtig“ bösen Jungs umbringen.
Aber die Frage hinter alledem ist natürlich, wer hat das Recht jemandem zu vergeben. Kann man sich selber vergeben? Und können wiederum „böse Taten“ damit gerechtfertigt werden, dass man ja nur die schlechten Menschen umbringt? Das ist in etwa der Hintergrund der Geschichte.
In den drei dazugehörigen Clips geht es auch jedes Mal um ein soziales Problem. Diese Clips sind übrigens nicht für Kinder gedacht, da sie gewaltsam und direkt sind. Wir wollen damit jedoch keine Gewalt verherrlichen, sondern diese Themen auf künstlerische Weise, wie z.B. im Film „Sin City“ darstellen. Und in diesen Clips wird man dann mehr über den Hauptdarsteller des Comics erfahren.
Nicole: Wird es zum Album, basierend auf dieser Geschichte, ein Comic-Heft geben?
Sharon: Ja, das wird es. In etwa gleichzeitig mit dem Album-Release wird der erste Teil davon auf unserer website zu finden sein. Und danach etwa alle zwei Monate ein weiterer Teil.
Nicole: Das klingt ja spannend. Um noch auf die Musik des neuen Albums zu sprechen zu kommen. Ich durfte mir „The Unforgiving“ ja bereits anhören und für mich klingt es so, als wenn ihr etwas weg vom Gothic Metal, hin zu mehr Rock-Pop geht. Gerade die erste Hälfte des Albums ist doch eher pop-rockiger, wobei es etwa ab Track Nr. 6 „Iron“ wieder härter zur Sache geht. Wie siehst du das?
Sharon: Das war eine natürlich Entwicklung und nicht geplant. Unser letztes Album „The Heart Of Everything“ hat uns eigentlich sehr gut gefallen und wir fanden, dass es sehr gut ausbalanciert war. Von dem her war es nicht beabsichtigt, etwas am Stil zu verändern. Und trotzdem hatten wir das Gefühl, dass es an der Zeit ist, ein bisschen frischen Wind rein zu lassen. So haben wir einfach mal alle Grenzen fallen gelassen und gemerkt, dass wir total zurück zu den 80ern kommen. 🙂 Normalerweise hätten wir das sofort wieder verworfen, weil wir einen genauen Plan hatten, wie unsere Musik klingen soll. Aber dieses Mal fanden wir, dass es sich richtig anhört und fühlt. Wir sind einfach zurück in die Zeit gereist, die ihre Spur an uns hinterlassen hatte, bevor wir überhaupt selber angefangen haben Musik zu machen. Da waren Iron Maiden, Metallica oder auch Billy Idol, Chris Isaak, da gibt es ziemlich vieles, das uns beeinflusst hat.
Nicole: Deine Stimme hat sich ebenfalls etwas verändert, nicht mehr ganz so hoch und Gothic-Metal-lastig?
Sharon: Ja, das stimmt. Irgendwie passe ich meinen Gesang automatisch der Musik an, fühle heraus was der Song braucht und dann ergibt sich das einfach.
Nicole: Welches ist dein Lieblingssong des neuen Albums und wieso?
Sharon: „In The Middle Of The Night“. Und “Faster”. Und “Sinéad”. 🙂
Nicole: Also alle? 🙂
Sharon: Ja… es ist halt schwierig, denn hinter jedem Song steckt eine andere Emotion. Und deshalb wohl je nach Stimmung. Aber am besten wahrscheinlich trotzdem „In The Middle Of The Night“, weil er einfach so richtig reinhaut.
Nicole: Und aus all euren letzten Alben, welchen Song spielst du auch heute noch am liebsten live?
Sharon: Ich würde „Caged“ sagen (a.d.R. aus dem Album „Mother Earth“). Wieso, kann ich gar nicht richtig beschreiben. Es ist ein Song, der ganz natürlich entstanden ist, fast einfach so, in fünf Minuten.
Nicole: Dann habe ich noch etwas Interessantes auf eurer website gelesen. Iron Maiden hat ein eigenes Flugzeug, eine Boeing 757, die bis zu 12 Tonnen Material laden kann. Wieso habt ihr das überhaupt auf eurer Seite, werdet ihr zusammen mit Iron Maiden und diesem Flieger unterwegs sein?
Sharon: Ach das. 🙂 Nein, werden wir leider nicht. Wir fanden es einfach eine interessante Geschichte.
Nicole: Wie viel Material schleppt ihr denn so mit euch rum wenn ihr auf Tour seid?
Sharon: Also ich selber darf ja keine 12 Tonnen mitnehmen, einen Koffer nur. 🙂 Nein, auf 12 Tonnen bringen wir es nicht, auch wenn unser ganzes Equipment mittlerweile ziemlich viel ist.
Nicole: Danke dir vielmals für deine Zeit und das tolle Gespräch und weiterhin alles Gute.
Sharon: Gern geschehen.