Season Of Mist / VÖ: 25. Februar 2022 / Funeral Doom Metal
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Text: David Spring
Der Frühling steht vor der Tür. Die Sonne bringt Blumen zum Blühen und Bienen zum Frohlocken, wie mit frischem Atem wird der Welt das letzte bisschen Schnee und Nebel von dannen gefegt. Leise zieht das Leben in unseren Alltag ein, die Sonnenstrahlen werden häufiger, Farben tauchen in den Feldern und Wäldern auf, die Dunkelheit ist für ein Jahr überstanden. Schön ist das Leben.
Natürlich sind derart kitschige Frühlingsgefühle völliger Schwachsinn. Die Welt ist schlecht und wir alle steuern unentwegt auf unser aller Grab zu. Genauso klingen Shape Of Despair aus Helsinki, deren neustes Album „Return To The Void“ unglaublich schwer auf das frühlingshafte Gemüt schlägt. Gerade rechtzeitig zum vermeintlichen Ende der Pandemie erdrücken die sechs Finnen:innen sämtliche Hoffnung auf Leichtigkeit und Positivität in ihrem todtraurigen Sound.
Man nehme den Track „Dissolution“: Der gutturale Gesang von Henri Koivula klingt wie nichts aus dieser Welt, dämonisch tief und angsteinflössend. Wenn Sängerin Natalie Koskinen als Yang zu Henris Yin einsetzt und die beiden zu den gletscherhaft langsamen und stoischen Riffs harmonieren, läuft es kalt den Rücken herunter. Shape Of Despair leben zu jeder Sekunde ihren Namen. Der Titeltrack wirft eine schwere Decke über uns, die sämtliche Freude und Hoffnung verbietet, das epische „Solitary Downfall“ erbaut Klangkathedralen, in welchen nur den desolatesten Gedanken gehuldigt wird und „Forfeit“ übermannt mit klagendem Gesang, teuflischen Schreien und opernhafter Traurigkeit.
Die Instrumentierung ist spärlich, aber bombastisch. Monoton, erdrückend und schwermütig fliesst ein Song in den nächsten. Diese unentwegt verzweifelte Atmosphäre ist es, die beängstigt und gleichzeitig fasziniert. Wenn Shape Of Despair zum zwölfminütigen Closer „The Inner Desolation“ anstimmen, entflieht das letzte bisschen Hoffnung aus der Seele, das Stück ist ein Meisterwerk an Stimmung und Emotion. Es benötigt einiges an innerer Positivität, um sich dieser Verzweiflung nicht vollends hinzugeben.
So fällt es nicht leicht, ein solch entmutigendes Werk zu bewerten. Zweifelsfrei steht fest, dass Shape Of Despair absolute Meister ihres Faches sind. „Return To The Void“ vermittelt die trostlose Ambiance so überzeugend und beeindruckend, dass man nicht umhinkommt, gefesselt zuzuhören. Schlussendlich hat das komplette Fernbleiben jeglicher Hoffnung etwas bizarr Schönes und Anziehendes. Zu lange darf man sich das nicht geben, aber wenn das nächste Mal wieder Wolken am blauen Horizont aufziehen, gibt es dafür keinen besseren Soundtrack.