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Band: Rammstein
Album: Liebe ist für alle da
Label/Vertrieb: Universal
Veröffentlichung: 16. Oktober 2009
Website: www.rammstein.com
Geschrieben von: Luke J.B. Rafka
Aufklärung mal anders!
Bei mir dauert es immer eine Weile, bis ich mir ein Rammsteinalbum gut gehört habe. Warum das so ist, kann ich nicht benennen. Auf jeden Fall habe ich mir nun auch “Liebe ist für alle da“, das neueste Werk der Berliner Jungs mehrmals angehört und ich muss schon sagen, sehr gute öffentliche Ironie und Provokanz, gepaart mit kritischer Intelligenz.
Für jeden Geschmack hat die hartegesottene Combo etwas im Gepäck.
Gleich mit dem Introsong “Rammlied“ besinnen sich die provokanten Rockstars ihrer selbst. Sie huldigen ihre Band mit Textphrasen wie „ Wer wartet mit Besonnenheit, der wird belohnt zur rechten Zeit. Das Warten hat ein Ende, leiht euer Ohr einer Legende“. Rammstein, eine Legende? Für manchen vielleicht, zumindest für derer Fans, die ganze 4 lange Jahre auf ein neues Werk der Berliner Band gewartet haben. Jedenfalls erinnert mich gleich dieser Track enorm an die gute alte Laibachmentalität, jeweils immer zwei provokante Worte aneinander gereiht, ergibt eine Richtung, ein Weg, ein Ziel…
Mit “Ich tu dir weh“ und “Waidmanns Heil“ donnern gleich die nächsten Nackenbrecher durch die Boxen. Und wieder einmal haben die Jungs recht… mein Nacken tut mir wirklich weh.
Umso schöner finde ich, dass mit “Haifisch“ wieder einmal eine Hit verdächtige Clubnummer, à la “Du riechst so gut“ daher kommt. Hier wird dem Hörer in Sesamstrassenmanier erklärt, warum das Meerwasser salzig ist. Das Rammstein Umweltbewusstsein haben könnten, beweist Till Lindemann gekonnt in einer phantasievolle Beschreibung bei “Haifisch“.
Mit “B*******“ kommt meines Erachtens der erste musikalische Hänger des Albums, aber das mag vielleicht daran liegen, dass es mir einfach zu metallastig daherkommt.
Um so mehr stellen sich meine Lauscher bei “Frühling in Paris“ auf. Hatte ich schon bei “Haifisch“ ein geniales Gefühl durch diese schönen Erklärungen, warum das Meerwasser salzig ist, so wird hier einmal mehr schön beschrieben, dass Liebe kaum Barrieren kennt. So wird also in “Frühling in Paris“ auf interessante Art und Weise die Beziehung zwischen einer jungen Französin und ihrem ausländischen Geliebten – hier in Form von Till Lindemann – gefrönt. Einfach zum Schmunzeln… und auch hier zeigen Rammstein sogar Balladenqualitäten wie einst mit “Engel“…
Unverkennbar, sie sind wieder da und spätestens mit “Wiener Blut“ geht’s wieder brachial weiter. Der Song hämmert nur so durchs Trommelfell und scheint das Thema des österreichischen Inzestmonsters Fritzl zu behandeln, aber das ist sicherlich eine Interpretationsfrage eines jeden Hörers selbst.
Die Singleauskopplung “Pussy“ wirkt eher für die weltweite Musiklandschaft massentauglich durchdacht. Der Refrain erinnert ein wenig an aufständige Punkphrasen, die Synths liefern die popartige Erfolgswelle für die Charts und die Wortwahl mit Blitzkrieg, Mercedes Benz, Bratwurst, Sauerkraut und Autobahn liefert das deutsche Klischee für die Aussenwelt, denn diese Worte sind sicherlich bei fast jedem ein Begriff für Deutschland.
“Liebe ist für alle da“ wird sicherlich die nächste Auskopplung sein, da dieser Track ebenso mit Phrasen und Worten kalkuliert wurde und damit zum nächsten Hänger des Albums verfällt. Jedoch kann der eine diese lyrischen Ergüsse als kreative Vision empfinden, aber genauso darf der andere die Jungs als geschmacklos und peinlich empfinden.
Der vorletzte Track des Albums, bleibt beim kreativen Hänger. “Mehr“ ist überhaupt nicht mehr, eher weniger und hätte auch von einigen anderen deutschsprachigen Acts like Helden, Silbermond oder gar Tokio Hotel besungen werden können.
Umso schöner wirkt dann die zweite Ballade des Albums zum Ende. “Roter Sand“, eine schöne Westernballade mit interessantem Text, der gleich darstellt, dass es sich bei Rammstein auf alle Fälle um eine deutsche Band handelt, die sicherlich international ihren grössten Erfolg mit diesem Album feiern wird.
Und nun mein Schlussakkord.
Mit Textphrasen wie “Stacheldraht im Harnkanal“ und dem „Sex Sales“-Verschnitt wird natürlich eine VÖ weit über Landesgrenzen hinaus erfolgreich. Vorallem wenn man im Unterbewusstsein einige Themen anspricht, die für die achso lieben Gesellschaft absolutes Tabuthema sind.
Das Coverartwork zeigt die nackte Frau auf dem Gabentisch und lässt Erinnerungen an Eddie aus der Rocky Horror Picture Show aufkommen oder gar an das christliche Abendmahl.
Meinen Hass bei Booklets konnte ich auch einmal wieder ausleben, denn diese zusammenklappbaren Teile (ähnlich wie Stadt- oder Landkarten) sind mir persönlich ein Dorn im Auge… aber auch mich packte die Neugier auf Text und Bild und so ärgerte ich mich dieses klappbaren Teiles.
Ein gelungenes Meisterwerk der Berliner Jungs – volle Punktzahl für Hits wie “Haifisch“, “Wiener Blut“ und “Frühling in Paris“. Die Singleauskoppelung “Pussy“ finde ich eher störend in dieser Aneinanderreihung von Musiktiteln. Aber Sex Sales bekanntlich und daher hat auch dieser Song seine Daseinsberechtigung.
So long
yours Luke
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