Band: Psychotic Waltz
Album: The God-Shaped Void
Genre: Progressive Metal
Label: InsideOut Music
VÖ: 14. Februar 2020
Webseite: psychoticwaltz.com
Psychotic Waltz veränderten 1990 für viele die Weitsicht auf die Metal-Musik. Eingeschworene Siebziger Alt-Hippies und Früh-Prog-Fans erkannten urplötzlich, dass sich hinter diesem Genre viel mehr verbirgt, als oberflächlich betrachtet angenommen. Für dieses Umdenken gaben unter anderem Psychotic Waltz den Anstoss. Als damals das Masterpiece „A Social Grace“ (1990) erschien und danach das über alles erhabene „Into The Everflow“ (1992) nachgereicht wurde, wurden diese beiden Platten schnell zum Inbegriff von progressiver Perfektion, sowie wahrer Schönheit und Leichtigkeit. Speziell mit „Into The Everflow“ rückten Hippies und Metaller einen gewaltigen Ruck näher aneinander.
Ich durfte Psychotic Waltz zum ersten Mal im Bad Bonn in Düdingen, Freiburg live erleben – eine kleine Spelunke, die knapp hundert, vielleicht hundertfünfzig Leute fassen kann. Die Bühne zeichnete sich lediglich durch eine kleine Erhebung ab, so dass Band, Musik und Zuschauer buchstäblich zu einer Einheit zerflossen. Das Konzert bleibt mir bis heute in positiver Erinnerung und gehört ganz klar zu meinen Top-Ten Live-Erlebnissen, dass ich immer wieder gerne aus meinem Gedächtnis abrufe.
Der Geheimtipp Psychotic Waltz mauserte sich von Jahr zu Jahr zu einer der angesagtesten Progressive Metal-Bands – zumindest im Untergrund, denn der charismatische Frontmann Buddy Lackey und seine Mitmusiker flogen immer knapp unter dem Radar ganz grosser Acts sowie den Bookings-Agenturen und blieben somit ein ewiger Geheimtipp. Mich dünkt, dass Psychotic Waltz erst nach ihrem viel zu frühen Abgang zu der Kultband wurde, für die sie heute gehandelt wird und ihr Schaffen erst Jahre nach ihrer Auflösung bei der grösseren Masse Beachtung und Anerkennung fand. Viele begriffen „A Social Grace“ und „Into The Everflow“ vermutlich schlichtweg nicht, oder die Zeit war einfach noch nicht reif dafür. Nicht zu vergessen sind dabei „Mosquito“ (1994) und „Bleeding“ (1996), die sich zwar etwas eingängiger, aber nicht weniger wegweisend waren.
Nach der Auflösung verhalf Buddy Lackey – der sich fortan in Devon Graves umbenannte – mit Deadsoul Tribe und The Shadow Theory über die Trockenzeit hinweg. Obwohl er immerzu sehr gute Alben veröffentlichte, blieb die ewige Frage, wann Psychotic Waltz sich denn endlich wieder im Original zusammenfinden würden.
Vierundzwanzig Jahre später führen Devon Graves, Brian McAlpin, Dan Rock, Norm Leggio und Ward Evans ihren psychotischen Walzer schliesslich wieder fort, der sich durch ihre etwaige Bühnenpräsenz seit 2010 nach und nach anbahnte.
„The God-Shaped Void“ klingt so, als hätten Psychotic Waltz nur für ein paar Monate pausiert und lägen nicht ganze zweieinhalb Dekaden dazwischen. Der Opener „Devils And Angels“ geht sozusagen nahtlos darin über, womit sie 1996 mit „Bleeding“ ihr Tänzchen beendet haben. Der Song walzt nach einem andächtigen Wiedersehen mit Graves Querflöte sprichwörtlich alles Unheilige in seiner göttlichen Mission nieder. Was für ein Comeback! Hier wird auch deutlich, an was es an Devon Graves eigenen Referenzbands fehlte – McAlpin und Rock, DAS Gitarrenteam schlechthin, dass einem Psychotic Waltz-Album das eigentliche Leben einhaucht. Bilden Norman Leggio und Ward Evans den Rahmen des Ganzen, dem Devon Graves den passenden Deckel aufsetzt, sind Brian McAlpin und Dan Rock die Farbe und Schattierungen des Bildes, ohne dass dieses lediglich eine leerer Rahmen wäre. Bestes Beispiel dafür ist „While The Spiders Spin“, in dem die beiden Gitarristen mittig zur Perfektion auflaufen. Gänsehaut pur, Leute! Na ja, so wie eigentlich das komplette Album.
„The God-Shaped Void“ ist nicht eine halbgare Reunion alternder Herren, die wiedermal von sich Hören lassen wollen, um ein Album- oder eine Tour lang etwas Beachtung zu erhaschen. Psychotic Waltz ist es ernst. Das hört man in jeder einzelnen Pore und jedem Pulsschlag, der sich in dem Album regt.
„The God-Shaped Void“ ist, so wage ich zu behaupten, in dem noch jungen Jahr ein mehr als nur potenzieller Anwärter zum Album des Jahres. Wetten?
Tracklist:
1. Devils And Angels
2. Stranded
3. Back To Black
4. All The Bad Men
5. The Fallen
6. While The Spiders Spin
7. Pull The String
8. Demystified
9. Sisters Of The Dawn
10. In The Silence
Bandmitglieder:
Devon Graves – Gesang
Brian McAlpin – Gitarre
Dan Rock – Gitarre und Keyboard
Ward Evans – Bass
Norman Leggio – Schlagzeug
Gründung:
1988
Text: Pink