Season Of Mist / VÖ: 16. Februar 2024 / Black Metal, Doom Metal
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Text: David Spring
Musik wird immer extremer. Alle stimmen ihre Gitarren in unergründliche Tiefen runter, Vocals müssen wie direkt auf dem Schlachthof klingen und wenn nicht mindestens eine blutbeschmierte Bibel auf der Bühne verbrannt wird, ist es dann überhaupt Metal? Dabei braucht es für ultimative, musikalische Härte nur zwei Dinge: italienische Songtexte und zwei (!) Bassgitarren! Und damit heisst es Bühne frei für Ponte Del Diavolo!
Diese charmante Gruppe stammt aus Turin und bringt mit «Fire Blades From The Tomb» zwar nicht den besten Albumtitel aller Zeiten, aber dafür umso faszinierendere Musik. Das Quintett nennt tatsächlich zwei Bassist:innen ihr eigen, was alleine schon einzigartig erscheint. Dazu schrecken Ponte Del Diavolo auch nicht vor kruden Instrumenten wie dem Theremin zurück und schaffen Songs zu gleichen Teilen aus Black und Doom Metal, um wahrhaft dunkle Abgründe zu malen. Der Opener «Demone» rast mit Blastbeats und ungestümen Gitarren ohne Umschweife ins Haus, bevor Sängerin Elena Camusso mit ihrem flehenden, gespenstischen Gesang ganz neue Abgründe eröffnet. Wie erwähnt sind die Worte mehrheitlich auf Italienisch, was noch eine weitere geheimnisvolle Ebene eröffnet und unerhört gut passt.
Doch Ponte Del Diavolo begnügen sich nicht mit simplem Black Metal, die Doom Einschläge zeigen sich alsbald im abgefahrenen «Covenant», dass tonnenschwer und erdrückend aus den Boxen rollt. Die Atmosphäre ist unwiderstehlich düster, wenn die gewaltigen Riffs alles niederreissen, um gespenstischen Schreien Platz einzuräumen. Der Einsatz der beiden mal harmonischen, mal zerstörerischen Bassgitarren ist vernichtend effektiv. Es grummelt und rumpelt wie nie zuvor, doch geht im Vergleich zu artverwandten Bands, die lediglich auf tiefgestimmte Gitarren setzen, nichts an Intensität verloren. Wie einzigartig die Band ist, kann man an Songs wie «Nocturnal Veil» feststellen. Hier treffen staubtrockene Gitarrenriffs und gewaltige Drums auf kehlig flehenden Gesang, der die Zeile «everything is nothing» Mantra-artig wiederholt, bis sich auf einmal – Achtung, Vermutung – eine unerwartete, diabolisch tiefe Oboe dazugesellt. Wunderschön und wahrhaft unerwartet.
Ponte Del Diavolo sind keine typische Band, doch ist ihre Musik erstaunlich leicht zu geniessen, weil sie letztendlich schlicht verdammt gut ist. Die Gratwanderung aus vernichtender Härte und beinahe bezaubernder Melancholie gelingt hervorragend. «Fire Blades From The Tomb» zeigt eine Band, die mutig die Grenzen der bekannten Genres auslotet, um Neues zu kreieren. Es steht zweifellos weiterhin bestens um den Extreme Metal, denn solange wir faszinierende, neue Bands wie Ponte Del Diavolo haben, müssen wir uns keine Sorgen machen, dass die Welt auf einmal zu sonnig und rosig werden könnte.