Dackelton Records / VÖ: 10. November 2023 / Punk
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Text: David Spring
Hier haben wir mal wieder eine Band, die bei der Wahl des Bandnamens einfach alles richtig gemacht hat: Pinguin Flugschau. Man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen. Dazu dann noch das hervorragend passende Cover-Artwork, da wurde ganze Arbeit geleistet. Somit braucht es auch keinen tiefgründigen Albumtitel mehr, denn der exquisite Bandname reicht für so ein Debüt längstens aus.
Ja und wie klingt das Ganze? Übertrieben einfach gesagt: man stelle sich vor, WIZO wären in Kalifornien entstanden. Will heissen: rasante Punksongs mit einer gutgelaunten Kante Hardcore. Hier ein paar poppige Melodien, da ein zweistimmiger Gitarrenlauf, dazu mal ein dadaistisch witziger Text, mal einer, bei dem einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Vervollständigt wird alles mit einer sympathisch einzigartigen/eigenwilligen Stimme und feinem Gespür für eingängige Harmonien. Doch Pinguin Flugschau sind bei weitem kein billiger WIZO-Abklatsch, denn die Jungs aus NRW ziehen ihr eigenes Ding trotz gelegentlichem Schielen in Richtung Sindelfingen viel zu konsequent durch.
Los geht es rasant. «Liars» erreicht nur knapp die Einminutengrenze und bietet gleich den wohl politischsten Text der Platte. «In einem unbekannten Land vor gar nicht allzu langer Zeit» haut ebenfalls volle Kanne rein, wobei speziell das halsbrecherische Tempo und der fantastische Gitarrensound herausstechen. Es schrammelt und klirrt, dass es bei der ganzen überproduzierten Massenware dieser Tage eine wahre Freude ist. Pinguin Flugschau klingen richtig fett, aber auch wie direkt aus dem Proberaum. Auf die beiden vollgepackten Opener folgt dann «Zahnfleisch vegan», dessen bizarrer Text sich selbst nach mehrmaligem Hören nicht wirklich erschliesst. Es geht irgendwie um Hunde, vielleicht? Zum Glück ist das herzlich egal, denn der Song geht mit wahnwitzigen Gitarren und glorreichem Gesang unglaublich ab.
Es passt und passiert viel auf dieser Platte. «Weil jeder seine Gründe hat» ist poppig und nachdenklich und «Katakomben, baby» liefert astreinen Horrorpunk. «Ich möchte Teil der Biomasse sein» wiederum treibt den Bandraum-Vibe mit der lärmigen Produktion und dem bizarr-bekloppten Inhalt auf die Spitze, während «Defender Of The Clown» textlich am meisten überzeugt. Diese grossartige Abhandlung zum Thema Meinungsfreiheit wird darüber hinaus sogar durch Chris Altmann (Sondaschule) an der Posaune veredelt. Und dann ist da noch «Kurmas Panzer», eine… keine Ahnung, Ode an die Landschildkröte? Ein Traum!
Pinguin Flugschau sind augenscheinlich komplett verrückt, aber zweifellos auch verdammt kreativ und talentiert. Die Platte macht enorm Spass, geht ab wie Schmidts Katze und haucht dem dieses Jahr ohnehin schon verwöhnten Genre des Deutschpunks gehörig frischen Wind ein. Die Band macht alles richtig, denn die mal ernsthaften, mal ehrenlos bekloppten Texten, die glorreiche Produktion und die rasanten, abwechslungsreichen Songs funktionieren perfekt. So und nicht anders muss das sein.