Band: Pears
Album: Pears
Genre: Hardcore
Label: Fat Wreck Chords
VÖ: 6. März 2020
Webseite: pearstheband.com
Das verflixte dritte Album. Für viele Bands ein grosses, manchmal schier unüberwindbares Hindernis. Das erste ist einfach, man hat noch keine Erwartungen und jede Menge Zeit, das zweite ist schwierig, weil plötzlich alle etwas wollen, doch das dritte ist der Make-or-Break-Deal. Man hat seinen Sound etabliert, man hat eine Fangemeinde aufgebaut, das eine oder andere Konzert gespielt, der Tagesablauf ist gefestigt, Touren stehen an und irgendwie soll man zwischen all dem ein neues Album schreiben?
Mit so viel Druck und Erwartungshaltungen wollten sich Pears aus New Orleans gar nicht erst auseinandersetzen, sie fragten sich von Vornherein: „Ist dies vielleicht auch schon das Letzte?“, und gingen locker an die Sache heran. Ohne Budget, um wochenlang im Studio eingebunkert zu sein, und immer in dem Wissen, dass man noch nicht wie gewünscht in Nordkorea gespielt, aber gleichwohl einiges erreicht hat. Los geht die Fahrt mit „Killing Me“, einem fetten Rocker, der schön aufzeigt, was diese Band so alles drauf hat. Stampfende Strophen mit harschem Gesang, für den Hardcore untypisch melodiöse und positive Refrains und ganz viel Abgefahrenes dazwischen.
Es gibt nicht viele Bands, welche die Mischung aus wüstem Geschrei, an Mathcore und Wahnsinn grenzenden Mittelteilen, und poppig-punkigen Refrains so gut hinkriegt, wie Pears. Und während das folgende „No Wheels“ stellenweise an die Dead Kennedys erinnert, könnte der Refrain des grossartig betitelten Songs „Comfortably Dumb“ gut auch aus der Feder von NOFX oder Lagwagon stammen. Die Formel ist klar, so hart und crazy wie nur möglich in den Strophen und den Riffs, die Refrains pop-punkig, mit wundervollen Chören, Mitsingparts und Melodien. Dass Popmusik einen grossen Einfluss auf den Sound von Pears hat, zeigt zum Beispiel „Dial Up“, in dem nicht nur der 90s-Überhit „Mambo #5“ erwähnt, sondern gleich das unsägliche „Macarena“ mit verwurstet wird. Und das im Hardcore. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und man merkt, dass die Jungs mit grossem Spass und der, für US-Südstaaten bekannten Laissez-Faire-Attitüde zur Sache gingen.
Die Einflüsse sind mannigfach. Mal könnte eine Gesangsmelodie direkt von Fat Mike oder Joey Cape stammen („Naptime“), dann wiederum schwingen die Geister von den Subhumans, Bad Brains und natürlich den Dead Kennedys mit („Nervous“ oder „Daughter“). „PePaw“ lehnt sich an Sick Of It All und dergleichen an, „Worm“ liegt irgendwo zwischen The Dillinger Escape Plan und A Wilhelm Scream. Und dann ist da noch „Travelling Time“ ein astreiner Pop-Rock-Song, der eigentlich auch auf ein Menzingers-Album passen würde. Das ist viel Namedropping, zeigt aber am besten, wie unglaublich abwechslungsreich dieses Album ist. Pears verlieren bei all dem nie ihre Eigenständigkeit. Das Album könnte gar nicht stärker nach Pears klingen, die Experimentierfreudigkeit und Abgedrehtheit der 14 Songs ist zu jeder Sekunde spürbar und ansteckend. Es wird nie geklaut oder persifliert, man spürt, dass die Musiker selbst Fans von Musik jedweder Couleur sind.
„Pears“ ist ein grossartiges und würdiges drittes Album geworden. In den nur knapp 30 Minuten zeigen uns die vier Herren absolut alles, was Pears ausmacht. Die Kreativität, die Einflüsse, die instrumentale Professionalität, der Sound, die zum Teil schwer verdaulichen Texte und die allgegenwärtige Freude am Musikmachen. Ob sie es mit ihrem Sound irgendwann in das erhoffte, jedoch eher auch traditionell veranlagte Nordkorea schaffen werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass dieses selbstbetitelte Werk auf ganzer Linie überzeugt und Pears eine der faszinierendsten und interessantesten modernen Bands sind, die es derzeit zu hören gibt.
Tracklist:
1. Killing Me
2. Zero Wheels
3. Comfortably Dumb
4. Dial Up
5. Rich to Rags
6. Nervous
7. Naptime
8. Pepaw
9. Worm
10. Funerals
11. Sympathy Cone
12. Daughter
13. Traveling Time
14. Cynical Serene
Bandmitglieder:
Zach Quinn – Gesang
Brian Pretus – Gitarre und Gesang
Erich Goodyear – Bass
Jarret Nathan – Schlagzeug
Gründung:
2014
Text: David Spring