
Eigenveröffentlichung / VÖ: 24. Oktober 2025 / Punk, Hardcore
Instagram
Text: David Spring
Es gibt ja so Bands, die brauchen gefühlte Jahrhunderte, um ab und an mal neue Songs zu veröffentlichen. Meist ist in diesen Fällen entweder der Perfektionismus in gar unerhörte Höhen entflohen oder es steht einfach das echte Leben mit all seinen Mühseligkeiten im Weg. Zum Glück gibt es aber auch das Gegenteil, zum Beispiel die Aargauer Punkrock-Neulinge von Old Kids Noise. Die haben dieses Jahr erst gerade eine tolle Debüt-EP rausgehauen und schicken jetzt einfach mal so eben noch vier weitere Songs ins Rennen. Hut ab, so viel Dringlichkeit und Eifer ist man sich schon gar nicht mehr gewohnt.
«The Shape Of Damage» nennt sich die neue EP, und laut eigener Aussage ging es dieses Mal etwas härter und rabiater zur Sache. Denn natürlich sind Old Kids Noise zwar, wie eingangs erwähnt, Neulinge in Sachen Punk, doch die fünf Mitglieder sind allesamt alte Hasen in der Schweizer Musikwelt, haben sie doch alle schon in etlichen Metal-Bands gespielt. Diese heftige Vergangenheit liess sich bereits auf «A Call For Change» spüren, doch wurde die Intensität auf diesen neuen Songs nochmals merklich nach oben geschraubt. Der Opener «Nightmare» lässt nichts anbrennen, und nach einem kurzen Intro dreschen OKN so gewaltig nach vorne, dass dir die Kinnlade erst mal weit unten hängen bleiben wird. Was für ein Brett!
«A Life On Your Own» ist feinster Melodic Hardcore mit unsterblichen Chören und Gang-Shouts, die jeden Moshpit ausrasten lassen werden. Old Kids Noise erfinden das Rad natürlich nicht neu, machen aber ihre Sache verdammt gut. Das macht ordentlich Laune und hört man genau hin, entdeckt man zudem auch vorzügliche Texte: die drohende Warnung gegen den anhaltenden Rechtsruck unserer Gesellschaft und das stete Vergessen der braunen Vergangenheit im Opener, gefolgt von einer Ode an die Freundschaft durch die Augen von jemandem, der aufgrund egoistischen Verhaltens leider keine solche mehr sein Eigen nennen kann, oder die harsche Kritik an blinder religiöser Demut und Hingabe im rasanten und gar grossartigen «All These Excuses». Die Balance aus laut mitsingbaren Parolen und richtig tiefschürfenden, intensiven Worten gelingt absolut perfekt.
Den Abschluss macht «Facade» und wie so oft kommt das Beste zum Ende. Der fast vierminütige und somit natürlich völlig epische Closer haut dich so komplett um, dass es eine helle Freude ist. Vom absolut grossartigen Chor in der Bridge über die brachial eingängige Riff-Wand bis hin zum fantastischen Text zum Thema Selbstbetrug und gesellschaftliche Heuchelei fahren Old Kids Noise hier nochmals alles auf. Nach nur 12 Minuten ist der Spass damit leider schon wieder vorbei, doch zum zweiten Mal liefern die erfahrenen Jungs ein geniales Kleinod ab, das so richtig gut reinhaut und OKNs Weg an die Spitze der Schweizer Punk-Szene zweifellos noch weiter ebnen wird.

