Band: Oiro
Album: Mahnstufe X
Genre: Punk
Label: Flight13 Records
VÖ: 7. Februar 2020
Webseite: mofapunks.de
Deutschpunks haben es nicht immer einfach. Nicht nur ist das Einzugsgebiet automatisch auf Deutschland, Österreich und die Schweiz beschränkt, viel gewichtiger ist, dass sich Songschreiber*innen nicht darauf verlassen können, dass die Zuhörerschaft auf Grund etwaiger sprachlicher Unzulänglichkeiten gar nur die Hälfte der Texte versteht. Da trennt sich die Spreu entsprechend schnell vom Weizen, und Bands, die die ewig gleichen Parolen raushauen, gehen neben einigen wahren Wortkünstlern schnell unter.
Oiro aus Düsseldorf sind glücklicherweise eine Band, die es ziemlich gut verstehen, ihre Texte prägnant, knapp und meistens stets mehr als deutlich zu halten. Die Themen sind stets aktuell und relevant. Es werden schwierige Punkte wie die politischen Geschehnisse in Europa, die Proteste um den Hambacher Forst, Polizeigewalt, oder die Menschenrechtskrise in Griechenland und der Türkei behandelt. Oiro vermeiden es dabei tunlichst, auf Phrasendrescherei zurückzugreifen und alte Klischees abzuklappern. Die Songs kommen mit wenigen, manchmal fast mantraartig vorgetragenen Worten aus. Dies wirkt erfrischend und hebt die Lieder auf „Mahnstufe X“ von der breiten Masse ab.
Auch musikalisch gibt man sich experimentierfreudiger denn je. Natürlich preschen Oiro immer noch liebend gerne durch zweiminütige Punk-Kracher wie „Fahr Zur Hölle MPU“ oder „Schluckauf“, doch stechen avantgardistische Ausbrüche wie das elektronisch angehauchte Indie-Pop-Stück „Kaktushaut“, oder das in bester Achtzigerart vor sich hin mäandrierende „Flut“ viel mehr raus, und verleihen dem Album die nötige Portion Abwechslung und Tiefgang. Im wohl besten Song der Platte, „Talking ‚Bout My Generation“, seinerseits eher im Indie und Post-Punk zu Hause, fühlt man sich, als wäre man mit Oiro zusammen auf der Couch, währenddem tiefst traurige und unaushaltbare Nachrichten aus der heimischen Flimmerbox auf einen niederprasseln. Dem Lied gelingt es eindrucksvoll, die Hörerschaft mit auf Reisen zu nehmen und die Unschönheiten unseres modernen Daseins unverblümt aufzuzeigen.
„Mahnstufe X“ ist durch und durch gelungen. Das Album ist so eingängig wie unangenehm, regt zum Nachdenken an und zeigt die Düsseldorfer Band experimentierfreudiger und zugleich näher am Weltgeschehen denn je. Und ob man die Songs als Soundtrack für die nächste (digitale) Demonstration, bei einem Ausritt mit dem Mofa, oder zusammen mit guten Leuten bei ein paar wohlverdienten Bieren hört, spielt keine Rolle, Oiro bieten etwas für alle. Um es in ihren eigenen Worten zu sagen: „Maximaler Einsatz, Spitzenperformance“.
Tracklist:
1. Fahr Zur Hölle MPU
2. Prepaid-Pleite
3. Schluckauf
4. Gewalt Am Mittwoch
5. Kaktushaut
6. Kids Vom Hellweg
7. Flut
8. Talkin ‚bout My generation
9. Wege Ohne Schablone
10. Reiche Eltern Und Du
11. Die Meisten Unfälle Passieren Im Krieg
Bandmitglieder:
Jonny Bauer – Gesang
Bauer Jonny – Gitarre
Akki Ostfriesland – Bass
Tomo 01 – Schlagzeug
Gründung:
2001
Text: David Spring