Unter Schafen Records / VÖ: 2. Dezember 2022 / Rock
Neufundlandmusik.de
Text: Patricia Leuchtenberger
Es ist kurz, es ist unerwartet und es ist das Letzte: Die Rede ist von Neufundlands „Grind“, das als Abschiedsalbum die deutsche Szene rund um Rock und Post-Punk noch ein abschließendes drittes Mal umzumachen vermag. Das deutet schon der Titel an. „Grind“ bedeutet etwas wie „zermahlen“, zugleich aber auch „schuften“. Zu verstehen wie etwa: Arbeiten bis man sich zerstört. Und das kann man als gängigen Habitus in der deutschen Musikszene sehen, welcher sich durch die Covid-Pandemie nur noch verstärkt hat. Denn die ohnehin schon risikoreiche und schnelllebige Branche wurde nur noch mehr und schwereren Belastungen ausgesetzt; Existenzen waren und sind auch in der Übergangsphase von allen Seiten bedroht.
Fabian Langer, Fabian Mohn, Robin Lussu und Niklas Stade, sowohl aus Köln als auch – natürlich – Berlin, hauen noch ein letztes Mal klanglich als auch lyrisch drauf. Laute, energetische Songs werden innerhalb nur einer halben Stunde runtergerattert, und sie sind kommentierend, kritisierend, verzweifelt. Sie sind eindeutig Ergebnis einer zerreißenden Zeit, gehen die Standardthemen ab. So behandelt der Song „Streiflicht“ die zunehmende Vereinsamung der Menschen, die sich tiefgreifenden Begegnungen verweigern, der Verlust der Liebe in Beziehungen in „Jeder Liebe ihre Zeit“. In „Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin“ vertont Neufundland Thomas Bratschs‘ „Was ich habe, will ich nicht verlieren“ in zierlosen Neo-Punk. In einem perfekten Alt-Rock/Punk-Album von 2022 rundet ein harmonisch-zackiger Indie-Rock-Song das schnelllebige Ding ab: „Grind“ von Neufundland, stellt sich heraus, ist lebendiger sowie glatter als seine Vorgänger.
Was bleibt? Ein Neufundland-Riesling, den man sich im Shop zur Platte hinzubestellen kann. Anscheinend ist sich die einstige Gruppe bewusst, dass man den dazu braucht. Die scheinbare Relevanz von Pseudokontroversen lässt sich vielleicht auch nur angedudelt verstehen, wenn einem die generische Verpackung auch gar nicht mehr auffällt.