Gunner Records / VÖ: 6. Oktober 2023 / Punk
neatmentals.com
Text: David Spring
Der Punkrock hat ja bekanntlich seine Ursprünge in den Untergründen Grossbritanniens. Und auch die USA hat die eine oder andere wegweisende Gruppe an verwahrlosten Teens, die drei Akkorde runterschrammeln, hervorgebracht. Doch der Punk hat eine neue Heimat! Nirgendwo schiessen derzeit so viele neue, fantastische Gruppen wie Pilze aus den verranzten Übungskellerwänden, wie im grossen Kanton Deutschland. So zum Beispiel Neat Mentals aus Stuttgart, die nun mit «Wasteland» ihre neuste Platte am Start haben.
«Punkrock, Melodycore, Indie und augenzwinkernde Querverweise Richtung Metal», so stehts geschrieben. Doch eigentlich sieht die Band ihren Sound schlicht als Rockmusik. Klingt vielversprechend, denn eine Band, die sich einen Deut um Genregrenzen schert, ist sympathisch. Der Opener «Nature» wartet erstmal mit einem ausgedehnten, stimmigen Intro auf, bevor die Gitarren reinknallen. Der Song überzeugt sofort, vom genialen ökopolitischen Text bis hin zu den äusserst eingängigen Melodien. Neat Mentals finden sich mit ihrem Sound irgendwo zwischen einer frühen Terrorgruppe, einer schrammligeren Version von NOFX oder den Adolescents und vielleicht Weezer auf Speed wieder. Melodie und Tempo sind die Aushängeschilder, vervollständigt durch sympathischen, englischsprachigen Gesang mit mal ernsten, mal witzigen Texten sowie unverschämt kompetente Instrumentierung.
Vor allem diese Instrumentierung ist es, die Neat Mentals durchaus vom Gros abhebt. Sowohl «Staying Underground» als auch das knackige «Waiting» warten mit glorreichen Gitarrensolos auf, die wie die Faust aufs Auge passen. Das beste Beispiel dafür, und das absolute Highlight der Platte, ist das durchgeknallte «Authorities And Delusions Of Grandeur». Hier scheinen, wie durch Zauberhand, einige der Qualitäten des vor kurzem erschienenen Clowns-Album «Endless» durch: fette Metal-Riffs, Überschalltempo (na ja, fast) und jedes Mal, wenn man denkt «boah, geiles Solo» kommt gleich noch eines! Daneben gibt es auch etwas humoristischere Perlen wie der deutschsprachige Closer «Zeitverschwender» oder der heutzutage nicht wegzudenkende Cat Content in Form von «All About Horst». Fantastisch!
Neat Mentals treten mit baden-württembergischem Understatement auf und präsentieren sich als gutgelaunten Haufen Freunde, die zusammen nebenbei etwas Musik machen. Aber ganz ehrlich, da steckt viel mehr drin! Die Songs sind abwechslungsreich, voller Energie und verdammt gut. «Wasteland» ist ein durch und durch gelungenes Statement einer sympathischen und talentierten Band, die einmal mehr dafür sorgt, dass Deutschland so bald nicht vom Punkrock-Thron vertrieben werden wird. Schlussendlich, und ganz nebenbei bemerkt, sind Neat Mentals auch eine dieser seltenen Bands, die richtig gerne und oft in der Schweiz spielen. Da gibt es keine Ausrede, die Jungs nicht bald einmal auszuchecken.