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Naufrage – 1990

09/05/25
von David Spring

Naufrage-1990

Eigenveröffentlichung / VÖ: 2. Mai 2025 / Punk
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Text: David Spring

1990 war ein gutes Jahr. Der Kalte Krieg neigte sich seinem Ende zu, Deutschland fand zusammen, Nelson Mandela wurde freigelassen, und das World Wide Web wurde erfunden – wobei Letzteres rückblickend vielleicht doch nicht so toll war. Das werden sich auch die überaus sympathischen Westschweizer Punks von Naufrage gedacht haben, denn ihre neueste EP ist genau nach diesem einzigartigen Jahr benannt.

Wirft man ein genaueres Auge auf die Texte der fünf Songs, zeigt sich rasch, dass wohl tatsächlich die schicksalsträchtige Geburt des Webs – oder zumindest die heute spürbaren Konsequenzen – Inspirationsquelle war. Konsequenzen, die wir mittlerweile in ihrer (bisher) schlimmsten Ausprägung täglich erleben. Der Opener «La Victoire De La Routine» zeichnet ein tristes Bild von Erschöpfung und Resignation im Alltag. Trotz aller Versuche, sich durch Musik, Rausch und Community bei Laune zu halten, setzt sich letztlich die Routine durch. Um diese trostlose Schilderung noch zu unterstreichen, könnte die Musik kaum froher klingen. Naufrage servieren uns wundervoll treibenden Punkrock, der unter anderem an Social Distortion erinnert und mit coolen Harmonien und Chören dazu einlädt, dem grauen Alltag mit allen Mitteln zu entfliehen.

«Blindé» zieht das Tempo ordentlich an und zeigt, dass Naufrage absolute Meister eingängiger Melodien sind. Dieser fantastische Refrain würde auch den ganz Grossen des Fachs gut zu Gesicht stehen. Wie so oft im französischsprachigen Punkrock ist die Sprache dem Gesamteindruck sehr dienlich und verleiht der ohnehin starken Musik das gewisse Etwas. Das Highlight der Platte, «La Tiédeur», zieht noch einmal spürbar an und zaubert eines der geilsten Riffs seit Langem hervor. Astreiner Melodic Hardcore, an dem Bands wie Strung Out, Good Riddance oder Strike Anywhere ihre helle Freude hätten. Der hoffnungslose Text über den Tod der Revolution und die zynische Lethargie der Gesellschaft macht dich endgültig fertig. Magnifique!

Mit «Debout Dans La Tombe» schliesst sich der Kreis: Naufrage kehren zurück zu ihrem Markenzeichen: unverschämt gutgelaunter Punkrock (hier eher Marke NOFX, inklusive krudem, aber tollem Gitarrensolo), gepaart mit einem schonungslos pessimistischen Text über Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und Zukunftsangst. Es ist ein Abgesang auf jeglichen Zukunftsoptimismus, denn die Welt brennt und niemand hat noch die Kraft, sich darüber aufzuregen. Harter Tobak. Wie es sich für eine richtige Punkrock-EP gehört, wird im letzten Song nochmals etwas experimentiert: «Les Interstices» geht erst glorreich ab, punkig und melodiös, nur um in einem ausgedehnten Jazz-meets-Surfrock-Outro zu enden, welches die versöhnliche Melancholie des französischen Chansons ebenso einfängt wie die Absurdität unserer Existenz. Merkwürdig – aber so steht’s geschrieben.

Naufrage haben mit «1990» Grosses geschaffen und einen wuchtigen Einstand geliefert. Denn ja, diese EP ist das Debüt der Band aus Genf, was bei der Qualität der Produktion und der Songs kaum zu glauben ist. Naufrage zeichnen in den fünf Songs ein tristes Porträt einer Generation, die zwischen politischer Apathie, innerer Leere und bröckelnden Träumen aufwächst und trotz allem versucht, die Lebensfreude irgendwie nicht ganz zu verlieren. Das geht unter die Haut und macht dank der fantastischen Musik trotzdem enorm Spass. Perfekter Punkrock, wie sie es nur in der Romandie können!

Eingeordnet unter Musik-Rezension Schlagworte: 1990, David Spring, musiCH, Naufrage, Punk

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