Band: Mudhoney
Album: Morning in America
Genre: Rock / Grunge
Label: Sub Pop
VÖ: 20. September 2019
Webseite: mudhoneyonline.com
Äh, Moment, gab’s da nicht eben erst was Neues von Mudhoney, so in etwa vor einem Jahr? Korrekt. Kreativer Schub, Geldprobleme, Druck vom Management…? Äh ja, also, vielleicht auch, aber eigentlich … Bei „Morning in America“ handelt es sich nicht bereits um ein weiteres Studioalbum mit neuen Tracks, die EP, die in wenigen Wochen und somit gut ein Jahr nach „Digital Garbage„ (Album Nr. 10!) erscheinen wird, beinhaltet einzig Songs, die bereits während den Aufnahmen des Albums entstanden sind und nun ein Jahr im verborgenen Kämmerchen geschlummert haben. Produziert wurde die EP von Johnny Sangster, der sich in den frühen 90ern etwa zeitgleich wie Mudhoney von der Seattle-Grunge-Welle mitreissen liess. Bereits auf früheren Studio- und Live-Alben war Johnny Sangsters als Produzent oder Mischer beteiligt, zudem begleitete er Mudhoney-Sänger Mark Lanegan auf mehreren Solo-Touren als Bassist und Gitarrist.
Mit „Digital Garbage“ widmeten sich Mudhoney thematisch ganz der politischen und gesellschaftlichen Lage, in der sich die westliche Welt, allen voran die vereinigten Staaten, befinden. Da „Morning in America“ im selben Spirit entstanden ist, erscheint die Namensgebung der EP eigentlich auch so ziemlich logisch: Vier Jahre vor der Gründung der Grungeband trat Ronald Reagan seine zweite Amtszeit an, gut 35 Jahre später wird sein damaliger Slogan „It’s morning in America“ von mehreren Politikern wieder aufgegriffen, auf Parallelen zwischen damals und heute hinweisend. Ein netter, ironischer Titel, passend für eine EP mit Songzeilen wie „How’s my hair and makeup? / I’m ready for my closeup / I’m gonna make it blow up“ oder „They try to hide what they are inside and pray it won’t be revealed / They defer, they distract, they lie, but it’s plain for all to see“.
Mit dabei auch ein Cover: Leather Nun, oder in ihrer Schwedischen Heimat auch Lädernunnan, verschafften sich in den 80ern nicht nur durch ihre Musik Aufmerksamkeit, sondern auch durch das Zeigen von „Erwachsenenfilmen“ und Stripshows auf der Bühne. Mit „Ensam I Natt“ – dem einzigen schwedischen Stück der Band – reihen sich Mudhoney bei den zahlreichen Bands ein, die das schwedische Quartett zu ihren bedeutenden musikalischen Einflüssen zählen und mit einem Cover beehren. Zu hören war dieses bereits auf der 7’’, die Mudhoney auf ihrer Europatour im letzten Jahr mit sich im Gepäck hatten, und nun hat „Ensam I Natt“ Gesellschaft bekommen: Unter den sieben Tracks der EP befinden sich alternative Versionen bereits veröffentlichter Songs („Kill Yourself Live Again“, „One Bad Actor“, „Vortex of Lies“) sowie einzelne Nummern, die es nicht auf „Digital Garbage“ geschafft haben („Snake Oil Charmer“, „Morning in America“, „Creeps Are Everywhere“).
Genau wie bereits „Digital Garbage“ erscheint auch „Morning in America“ bei Sub Pop, dem Label, das wie bereits Johhny Sangster und Mudhoney selbst seit Beginn fester Bestandteil der Grungeszene in Seattle war. Mit Nirvana, Soundgarden, Pearl Jam und halt eben Mudhoney unter Vertrag wurde Sub Pop bald weltweit bekannt und schafft es noch immer, zahlreiche namhafte Künstler mit einem Hang zu Noise und fetten Riffs, vor allem aber viel Gitarre, zu vermarkten.
Weiter den bisher geebneten Pfad trotten und enger an alles Bisherige anknüpfen als Mudhoney es mit „Morning in America“ tun, geht also kaum. Die Band, die sich seit ihren Ursprüngen vor 30 Jahren kaum merklich verändert hat und von vielen Kennern als DIE Vorreiter-Grungeband schlechthin bezeichnet wird, macht weiter das, was bisher funktioniert hat. Während andere Seattle-Bands ausbrannten oder irgendwo im Hintergrund verschwanden, halten Mudhoney weiterhin die Stellung. Ausverkaufte Shows und volle Hallen, Chartplatzierungen in den höchsten Rängen und Millionenverträge – Mudhoney hatte das nie und blieb der Welt erhalten als wohl ewig unterschätzte und ausdauernde Rockband. Wobei, manchen Stimmen nach erlebt Grunge ja – je nach Auslegung schon seit Jahren – ein Comeback. Der grosse Durchbruch steht Mudhoney, nach über 30 Jahren Bandgeschichte, ja vielleicht erst noch bevor.
Tracklist:
1. Vortex Of Lies
2. Creeps Are Everywhere
3. Ensam I Natt
4. Morning In America
5. Let’s Kill Yourself Live Again
6. Snake Oil Charmer
7. One Bad Actor
Bandmitglieder:
Mark Arm – Gesang und Gitarre
Steve Turner – Gitarre
Guy Maddison – Bass
Dan Peters – Schlagzeug
Gründung:
1988
Text: Sarah Rutschmann