Rock Action / VÖ: 1. September 2017 / Post-Rock
mogwai.co.uk
Text: Cornelia Hüsser
Sie haben es wieder getan: Nach drei Jahren melden sich die Post-Rock-Legenden Mogwai aus dem schottischen Glasgow mit ihrem bereits neunten Studioalbum zurück. „Every Country’s Sun“ heisst das gute Stück, und es wurde mit genau diesem Gedanken geschaffen. Schliesslich war das zurückliegende Jahr kein einfaches – oder, um es in Stuart Braithwaites Worten auszudrücken: „Wir hatten gerade das Referendum in Schottland verkraftet, dann den Tod von David Bowie, dann kommt der Brexit und dann auch noch Trump. Das Album wurde in einer turbulenten und intensiven Zeit geschrieben, und darum war es eine Art Schutzschild für mich.“ Es ist ausserdem das erste Album von Mogwai, das ohne Gitarrist John Cummings aufgenommen wurde, der 2015 die Band verliess. Schwierige Zeiten scheinen ihrer Musik aber keinen Abbruch zu tun, denn mit „Every Country’s Sun“ landen sie erneut einen Volltreffer.
Der Einstieg mit „Coolverine“ bewegt sich noch in sehr klassischen Post-Rock-Gefilden: Dahinschwabernde Gitarren, ein langsamer Aufbau, allmähliche Steigerung. Doch schon der zweite Song „Party In The Dark“ weicht von den gewohnten Pfaden ab: Hier bewegen wir uns irgendwo zwischen alternativem Rock und Shoegaze, Braithwaites bis anhin selten vernommene Stimme bietet eine fast schon poppige Melodie dar und animiert zum Mitsingen. Mogwai als Disco-Radio-Band? Das mag Geschmackssache sein – überraschend ist es auf jeden Fall. „Brain Sweeties“ und „Crossing The Road Material“ kehren der auf dem Silbertablett servierten Fröhlichkeit jedenfalls bereits wieder den Rücken, man vernimmt Orgeln in energiegeladenem Sound. Dieser wird nur kurz vom sanften „aka 47“ unterbrochen, bevor bei „20 Size“ wieder die Gitarren kreischen. Eine leichtfüssige Melodie bei „1000 Foot Face“ ebnet den Weg für „Don’t Believe The Fife“ – dieses zeigt sich zunächst von der ruhigen Seite, bricht dann aber mit einer vollen Ladung Gitarren und Synths aus.
Eine weitere Überraschung hält „Battered At A Scramble“ bereit: Hier bekommen wir schon fast einen klassischen Rock-Song vorgesetzt, der dieses Mal nicht mit Stimme, sondern mit einer sehr präsenten Gitarrenmelodie auftrumpft. Wer die düsteren und harten Seiten von Mogwai am liebsten mag, der ist anschliessend mit „Old Poisons“ bestens bedient. Und schliesslich kommt da das titelgebende „Every Country’s Sun“: Es geht noch einmal zurück zu den klassischen Seiten des Post-Rock, zu einem sich langsam steigernden Aufbau und schreienden Gitarren, die die zweite Hälfte des Songs durchziehen. Man ist sich nicht sicher, ob die Stimmung hier eher optimistisch oder traurig ist; irgendwie werden alle Gefühle gleichzeitig ausgelöst. Nur eines ist dieser Abschluss mit Sicherheit: Von purer Schönheit.
„Every Country’s Sun“ ist mal schwer, mal leicht; mal düster, mal leichtfüssig; mal tanzbar, mal sanft dahinfliessend. Es bewegt sich von einem synthlastigen Start zu einem gitarrenschweren Schluss. Es ist abwechslungsreich wie kein anderes Mogwai-Album – und gerade das macht diese Band auch nach 22 Jahren noch immer so interessant.