Eigenveröffentlichung / VÖ: 27. September 2024 / Singer-Songwriter, Punk
mistio.ch
Text: David Spring
Wer erinnert sich noch, als in den 80ern ein grosser, blecherner Typ mit starkem Akzent und einem Faible für Zerstörung und Bodybuilding versprach, wiederzukehren? Wo ist der eigentlich heute, da war doch mal was? Auch heute wird sowas immer mal gern wieder gelobt, jüngst zum Beispiel von einem nicht ganz so grossen und definitiv weniger blechernen Typen aus Thun. Wollen wir doch mal sehen, wo sich der gute Mistio so herumtreibt.
Viele von euch kennen Mistio bestimmt bereits aus seiner Zeit bei den legendären Moustache Boys und den noch legendäreren Fluffy Machine. Nun macht er sein eigenes Ding, denn wir wissen: Nichts ist mehr Punkrock, als sich mit einer akustischen Gitarre auf die Bühne zu stellen und den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Wie es die grossen Tims, Joeys, Lauras, Franks und Co. vorgemacht haben, so zieht dich auch Mistio sofort mit seiner charismatischen Stimme und unvergleichlichen Art in seinen Bann. Der titelgebende Opener versprüht ein wunderschönes Gefühl von Fernweh und Aufbruch. «Always got my passport in my pocket, never miss a chance to play my songs», singt der Troubadour und fängt damit perfekt die Essenz eines rastlosen, melancholischen Punkrockers ein. Nirgendwo wirklich zu Hause und doch überall glücklich, wo er unter Seinesgleichen ist – wer kennt es nicht?
Stimme und Gitarre sind natürlich die zentralen Werkzeuge in Mistios Repertoire, doch gekonnter Einsatz von Rhythmusinstrumenten, zweiten Gitarrenspuren sowie wunderbaren Chören und Harmonien verleiht den Songs Abwechslung, ohne den nostalgisch charmanten Lagerfeuer-Vibe je zu verlieren. «Lost Days And Happiness» besingt dies glorreich und du fühlst dich, als wärst du mit einer Truppe kurioser Gestalten irgendwo in einem versauten Bandraum oder um die brennende Tonne vor einem Konzertort versammelt – und hast die Zeit deines Lebens. «Together» wiederum ist ein astreiner Punk-Lovesong, der gut aus der Feder eines Tony Slys hätte stammen können. Auch Stunden später bleibt der Track im Kopf hängen… Ein solch schamloser Ohrwurm, das ist doch unanständig!
«Recklessness» ist musikalisch etwas entspannter, wartet dafür mit dem wohl bissigsten Text auf. Mistio zeigt sich anfangs ernst und introspektiv, bevor er zu einem kurzen, intensiven Rundumschlag gegen Xenophobie, Antisemitismus und Hass antritt. Mit «Speak» erwartet uns rasanter, anti-authoritärer Folk-Punk, der auch bei frühen Against Me! gut aufgehoben wäre. Dafür holt er alles aus seiner kratzigen Stimme heraus und liefert sogar ein kleines, feines Gitarrensolo. Und als krönenden Abschluss gibt es «Ellie», das vom eingängigen Gitarren-Lead bis zu den wundervollen Chören nochmals sämtliche Qualitäten des talentierten Songwriters an den Tag legt.
Wer schon mal das Glück hatte, Mistio live zu sehen, weiss, was für eine umwerfende, schweisstreibende Show er bietet. Umso schöner, dass es ihm gelungen ist, diese Energie und Atmosphäre auf «I’ll Be Back» genauso einzufangen. Eine tolle Ansammlung vorzüglicher Akustik-Punk-Stücke, die Spass machen, Nostalgie und Abenteuerlust vermitteln, den Kampf für eine bessere Welt anspornen und die einen ehrlichen Künstler mit dem Herz am richtigen Fleck zeigen. Und aufs Herz kommt es schliesslich an, denn Musik wie diese ist genau «where a punkrocker’s heart belongs!» Wohin du auch gehst, lieber Mistio: Komm immer gut zurück!
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