Band: Manchester Orchestra
Album: The Million Masks Of God
Genre: Alternative / Folk
Label: Loma Vista Recordings
VÖ: 30. April 2021
Webseite: manchesterorchestra.com
Das Sterben und der Tod sind Themen, die einen am brutalsten aus seiner Komfortzone reissen können. Das neue Album von Manchester Orchestra ist stark beeinflusst vom Tod des Vaters von Gitarrist Robert McDowell. Eine gute Nachricht ist: Egal, was man glaubt, Manchester Orchestra bleiben eine Band, die ihre Musik nicht über solche Dinge wie Glauben definiert, sondern sich mit ihnen auseinandersetzt. Die schlechte Nachricht ist: Sie tun das auf ihrem neuen Album nicht immer auf höchstem Niveau. Die Messlatte liegt dabei hoch, die Band aus Atlanta hat bis hierhin eine tadellose Diskographie auf die Beine gestellt. Auch wenn „The Million Masks Of God“ im Songwriting teils schwächelt, muss man Andy Hull und Robert McDowell zugestehen, dass sie sich dabei immer wieder aus ihrer Komfortzone wagen. Schade, dass gerade die ersten Minuten des Albums nicht die stärksten sind („Inaudible“) und natürlich schon mal ein paar Alteingesessene zusätzlich verschrecken.
Der durch den Opener eingehandelte Rückstand holen die nachfolgenden Songs von „Angel Of Death“ bis „Telepath“ locker wieder auf, allen voran das mitreissende „Bed Head“, das nicht über den Dingen steht, sondern voranschreitet und alle Zweifel vorerst in die Flucht schlägt. Das Problem jedoch ist die zweite Albumhälfte, auf der nur noch „The Internet“ überzeugt. Songs wie „Let It Storm“ und „Way Back“ gehören dann schon zu dem Teil, wo die Schmerzgrenze endgültig überschritten ist. Das Album wird zum Schluss hin ruhiger und altersmilder. Das hat seinen Grund, zu dem wir noch kommen.
Musikalisch bedeutet die Weiterentwicklung, dass mehr Folk-Elemente Einzug halten, aber in einem modernen Sound, der sich damit immer mehr vom traditionellen Rocksong entfernt und den die Band mit dem Vorgänger „A Black Mile To The Surface“ gefunden hat. Konzeptionell hat die Arbeit an Soundtracks wie für den Film „Swiss Army Man“ dazu geführt, dass Manchester Orchestra nun eher „Movie Albums“ im Sinn haben. Vom Soundtrack zum Konzeptalbum, das eine Geschichte erzählt und Charaktere enthält, ist der Weg natürlich nicht mehr weit.
Die Fragen, die Hull und McDowell hier stellen, sind so universell, dass sich jede Person mit ihnen befassen kann – unabhängig von jeder Konfession. Zum Beispiel die Frage, was nach dem Tod kommt. Oder was eben nicht. Die fiktive Hauptperson trifft auf einen Engel und blickt zuerst auf das zurück, was in ihrem Leben passiert ist. Hier folgt das Album tatsächlich auch der Idee, die Dinge von der Geburt bis zum Tod zu denken, und deshalb erklärt sich der Umstand, dass mit zunehmender Dauer der Platte vieles weicher wird. Natürlich kann man dieses Narrativ kitschig finden. Es gibt guten Kitsch und es gibt zu viel des Guten. Zu viel ist es bei Manchester Orchestra noch nicht, aber die Grenzen scheinen ausgelotet.
Tracklist:
1. Inaudible
2. Angel Of Death
3. Keel Timing
4. Bed Head
5. Annie
6. Telepath
7. Let It Storm
8. Dinosaur
9. Obstacle
10. Way Back
11. The Internet
Bandmitglieder:
Andy Hull – Gesang und Gitarre
Robert McDowell – Gitarre
Andy Prince – Bass
Tim Very – Schlagzeug
Gründung:
2004
Text: Michael Messerli