Rapid Eye Records + Svart Records / VÖ: 29. September 2023 / Crossover, Alternative Rock
maggotheart.com
Text: David Spring
Das Gefühl des Hungers kann viele Formen annehmen. Natürlich wissen wir alle, wie es ist, wenn die nächste Mahlzeit fällig ist und man sich etwas in die Futterluke hauen muss. Doch hungrig können wir auch auf viele andere Dinge wie Ruhm, Anerkennung, Erfolg, Einsamkeit, Kunst, Liebe oder sämtliche weiteren Verlangen sein. Genau von diesem unbändigen und manchmal destruktiven «Hunger» sprechen Linnéa Olsson und ihre grossartige Crossover-Rock Band Maggot Heart auf ihrem dritten Werk.
Den Auftakt macht ein verheissungsvolles, grobschlächtiges Drum’n’Bass-Intro, das den passend betitelten Opener «Scandinavian Hunger» eröffnet. Olsson, die selber ursprünglich aus Schweden stammt, nun aber in Berlin lebt, singt gequält von diesem niemals enden wollenden Hunger, der sie antreibt und langsam verschlingt. Maggot Heart machen keine Musik, die man so einfach nebenbei hören kann. Das punkige «Nil By Mouth» kommt noch relativ simpel daher, treibend und intensiv, doch bereits das sechsminütige «LBD» überrascht mit vorzüglich eingesetzten Blechblasinstrumenten und unverschämt guten Pop-Hooks. Da passiert echt viel.
Linnéa Olsson ist der Kopf und das Herz von Maggot Heart, ihre einzigartige Stimme und ihr faszinierend abwechslungsreiches Gitarrenspiel tragen die Songs, die auch allesamt von ihr geschrieben sind. Doch Drummer Uno Bruniusson und Bassistin Olivia Airey überzeugen genauso. Selten hat man eine Rhythmussektion gehört, die so hart rockt, wie die beiden. Das Schlagzeug und der Bass liegen bewusst weit vorne im Mix, was die Songs zu verdammten Brettern macht. Selbst ein eher unerwartetes, ruhiges Stück wie «Archer», das auf einem einzelnen, dröhnenden Gitarrenton und unheilvollen Piano- und Saxophon-Klängen aufbaut, ist faszinierend dynamisch und eines der Highlights der Platte.
«Hunger» ist eines dieser grossartigen Alben, die man mehr als einmal hören muss, um die volle Kraft und Wirkung zu erfahren. Mit jedem Durchgang wird die Platte besser, da man immer wieder neue Details oder Lieblingsstellen entdeckt. Die Produktion ist fett und druckvoll, jeder der acht Titel absolut eingängig, kreativ, abwechslungsreich und einzigartig. Wenn nach knapp 40 Minuten die letzten Töne des fantastischen Closers «Parasite» verklingen, will man umgehend mehr davon. Denn Maggot Heart erwecken einen Hunger, der nicht so leicht zu stillen sein wird.