Inside Out Music / VÖ: 23. Februar 2015 / Progressiv Rock
johnmitchellhq.com
Text: Sebastian Leiggener
Für eingefleischte Progressive Rock Liebhaber ist der Name John Mitchell sicher nicht unbekannt. Der Frontmann der UK Band It Bites hat viele Talente. Als Gitarrist und Sänger bei der eben genannten Band, prägt er zudem den Sound anderen namhafter Progressive Gruppen wie Arena, KINO oder Frost*. Ein vielbeschäftigter Mann dieser John Mitchell.
Doch mit so viel Talent überrascht es wenig, dass John Mitchell nun auch noch mit einem Soloprojekt namens Lonely Robot aufwarten kann. Mit dem Album „Please Come Home“, so darf ich doch mit Recht behaupten, macht er seinem Genre alle Ehre. Fans des Progressive und Neo-Progressive Rock werden ihre Freude daran haben.
Doch ist es nicht der gute Mix zwischen schnellen, rhythmusintensiven Songs, schön eingebettet zwischen gemächlich dahinziehenden und sehr instrumentalen Stücken. Nein etwas anderes macht „Please Come Home“ zum einmaligen Musikerlebnis. Es sind die vielen Gastmusiker, die John Mitchell eingeladen hat, sein Projekt zu veredeln. Und sie tun dies, ganz ungewohnt, in anderer Manier, als dem Hörer vielleicht bekannt.
Es sind Grössen wie Peter Cox, allen bekannt als Mitglied der 80er Hitschleudern Go West oder auch Nik Kershaw von dem jetzt wirklich jeder den Evergreen „I Won’t Let The Sun Go Down On Me“ mitsingen kann. Doch muss der Hörer sich sehr anstrengen, um diese Künstler zwischen dem eingängigen Sound von Mitchell zu vernehmen. Denn er will seine Gäste auf dem Album so zeigen, wie sie eben normalerweise nicht bekannt sind.
So ist der Song, in dem der genannte Peter Cox zu hören ist, „The Boy In The Radio“ eben gar nicht Go West like. Da ist kein Hauch aus den 80ern zu spüren, sondern nur der wunderbare Bariton von Peter Cox, welcher unverzerrt daherkommt und mit dem klingenden Rhythmus zu einem Song wird, der einen genüsslich in die zarten Gitarrenriffsversinken lässt.
Und apropos Gitarre. Auch der altbekannte Nik Kershaw beherrscht dieses Instrument wie im Song „Humans Being“ gut zu vernehmen ist. Zwischen Minute 3:50 bis 4:30 ist ein Nik Kershaw zu hören, wie er selbst dem grössten Fan noch unbekannt ist. Genau das ist die Essenz von Lonely Robot mit dem Album „Please Come Home“, facettenreich aufzuzeigen, dass Progressive Rock vielschichtig ist und dass ein Künstler ungeahnte Seiten haben kann.
Doch kommen nicht nur diese zwei mehr oder minder bekannten Musikgrössen in den Genuss mit Mitchell zusammen zu arbeiten. Mit dabei im Projekt war auch eine eher unbekannte Grösse namens Heather Findlay, welche mit John das Duett „Why Do We Stay?“ zum Besten gibt. Eine wunderbare Ballade zweier Stimmen, die unterschiedlicher eigentlich nicht sein könnten. Progressive Rocker Mitchell gemischt mit der Folksängerin Findlay. Auch sie wird in diesem Projekt aus ihrer gewohnten Folkumgebung gerissen. Gottseidank, sonst müssten wir auf diesen wunderbaren Song verzichten.
Direkt im Anschluss dann der Track „Lonely Robot“, welcher wieder im klassischen Progressive daherkommt. Der grandiose Mix des Albums ist mitunter neben den vielen Gästen der Grund, dieses Projekt zu lieben und ihm eine Glanznote auszustellen.
Ein weiterer nennenswerter Song ist das zweite Duett mit Gastsängerin Kim Seviour, einigen vielleicht bekannt als Sängerin der Band Touchstone. Und bloss keine Bange, wenn ihr die Stimme von Kim nicht gleich erkennt, denn auch sie sollte ins Konzept passen und singt diesen Song ganz ungeahnt am unteren Rande ihrer gewohnten Stimmlage. Das Stück – einfach verzückend.
Aber ich will nicht zu ausschweifend werden. Bis auf die genannten Songs bewegt sich das Album „Please Come Home“, trotz weiterer interessanter Gastmusiker, im altbekannten Progressive Rahmen, mit gewohnten Beats und viel Gitarrenklängen. Amüsante Musik für den Alltag mit einem letzten Zückerchen ganz zum Schluss. Beim Hören von „The Red Balloon“ wünscht man sich 2 Minuten lang einen wolkenverhangenen, trüben Herbsttag und einen roten Ballon der sich langsam und auf verborgenen, unsichtbaren Pfaden durch ein verhangenes trübes Stadtviertel seinen einsamen Weg bahnt. Ein Stilbruch als Abschluss, welcher angenehmer nicht sein könnte.
Das Projekt Lonely Robot ist insgesamt ein durchzogenes Werk mit dem, so spürt man, sich John Mitchell selbst verwirklichen möchte. Der Ausbruch aus dem Altbekannten gelingt ihm selber dabei jedoch viel weniger, als seinen durchaus glänzenden Gästen. Diese machen das Ganze zu einem gelungen Spektakel aus federleichten, verträumten Melodien und harten instrumentalen Parts. Und somit wird das Album sicherlich zu einem Meilenstein in der Karriere des Initianten, John Mitchell.
Damit gehört diese Platte sicherlich in jede Sammlung eingefleischter Fans und ist auch für uns Otto-Normal-Musikkonsumenten hörenswert und gibt nebenbei gute Inputs, die Gäste des Albums mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Was zumindest mich natürlich in den nächsten Tagen mit viel Freude beschäftigen wird.