Band: Leprous
Album: Aphelion
Genre: Progressive Rock
Label: Inside Out Music
VÖ: 27. August 2021
Webseite: leprous.net
Derzeit führt kein Weg an Leprous vorbei. Die gefeierten Prog-Rocker aus Norwegen liessen nach ihrem hochgelobten 2019er Werk „Pitfalls“ nicht lange auf sich warten und doppeln mit „Aphelion“ nach. Inhaltlich ist das Album ähnlich wie der Vorgänger, beschäftigen sich die meisten Songs erneut mit Themen wie Depression, Angst und mentaler Gesundheit, doch entstand der Longplayer den Umständen geschuldet auf völlig neue Art und Weise.
Leprous nennen das Werk ein Song-Album, denn jedes der Stücke wurde in verschiedenen Studios zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen. Entsprechend gibt es auf „Aphelion“ weniger einen roten Faden, als man es sich von den fünf Skandinaviern gewohnt ist. Der Songwriting-Prozess wurde so weit umgekrempelt, dass sogar Fans mittels Live-Stream in die Komposition eingebunden wurden, eine Arbeitsweise, die sich wohl nicht viele Bands zutrauen würden.
Das Resultat? Niemand muss Angst haben, wo Leprous draufsteht, ist kunstvoll komponierter und höchstwertig dargebotener Progressive Rock drin. Selbstverständlich ist „Aphelion“ kein Album, das man nebenbei hören sollte, da nicht nur viele Details und Nuancen verloren gehen würden, sondern einige der Stücke etwas repetitiv klingen könnten. Man braucht definitiv Konzentration, um die volle Qualität dieser Lieder erleben zu können.
Der Opener holt uns kraftvoll und energetisch ab und Leprous tischen sogleich alles auf, was sie als Band auszeichnet. Vor allem Frontmann Einar Solberg liefert eine faszinierende Performance. Nach diesem fulminanten Einstieg überwiegen oftmals ruhigere, oder über-bombastische Rock-Passagen. Das eigens engagierte Brass-Orchester Blåsemafiaen, sowie ein Cellist und ein Violinist werden passend eingesetzt. All diese zusätzlichen Instrumente wurden aktiv in den kreativen Prozess einbezogen und klingen niemals wie ein nachträglich hinzugefügtes Gimmick. Leprous zeigen sich dezidiert zurückhaltend und lassen oftmals atmosphärische Pausen lauter sprechen als fette Soundwände.
Dadurch kommen die intimen Texte und die Stimmgewalt von Solberg zur Geltung. Er bietet ein unvergleichliches Spektrum und manifestiert sich problemlos als einer der derzeit faszinierendsten Sänger. Zudem sind seine Texte schonungslos und lassen tief in sein Inneres blicken. Die Lyrics sind nachfühlbar und alle, die mit Mental-Health-Problemen zu kämpfen haben, werden sich sehr verstanden fühlen. Es braucht Mut und Selbstvertrauen, um auf solchem Level komponieren und schreiben zu können.
Es scheint, als haben Leprous den bereits auf „Pitfalls“ eingeschlagenen Weg in Richtung experimentellerer und ruhigerer Klänge, sowie bombastischer Produktionen mit „Aphelion“ perfektioniert. Auch wenn mir persönlich das eine oder andere Metal-Riff oder harsche Gesangspassage fehlen, so muss ich neidlos eingestehen, dass die Gruppe ein ganz besonderes Werk geschaffen hat. Sie sind eine unvergleichliche Band und wer sich offenherzig und aufmerksam auf das Album einlässt, wird erneut reich belohnt.
Tracklist:
1. Running Low
2. Out Of Here
3. Silhouette
4. All The Moments
5. Have You Ever?
6. The Silent Revelation
7. The Shadow Side
8. On Hold
9. Castaway Angels
10. Nighttime Disguise
Bandmitglieder:
Einar Solberg – Gesang und Keyboard
Tor Oddmund Suhrke – Gitarre
Robin Ognedal – Gitarre
Simen Børven – Bass
Baard Kolstad – Schlagzeug
Gründung:
2001
Text: David Spring