Bakraufarfita Records / VÖ: 20. Juni 2024 / Punk
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Text: David Spring
Wo wären wir ohne die güldenen drei Akkorde des Punks? Jede noch so kaputte Zecke kann sich eine aus dem Müll geklaubte Gitarre umhängen und ohne grossen Aufwand ein paar Lieder aus dem bierverklebten Ärmel schütteln. Vielleicht braucht es noch einen wütenden Schreihals, der ein paar Textfetzen an die Wand brüllt und fertig ist die Punksensation. Glaubt man dem geschriebenen Wort, ging es bei Lache aus Köln genau so. Understatement zu Promozwecken? Oder doch ein realistischer Umgang mit den eigenen Fähigkeiten? Nun, «Von mir aus nicht» wird es zeigen.
Eröffnet wird die EP mächtig mit «Untergang romantisch»! Ein heftiges Riff, ein angewiderter Text, cooler, schnoddriger Gesang – das haut ordentlich rein. Von wegen drei Akkorde, das sind deren mindestens fünf, und dann gibts sogar noch ein Gitarrensolo! Unerhört, sowas. «Cote d’azur» ist etwas weniger rasant, rockt dafür, als stünden Lache in einem riesigen Stadion auf der Bühne. Schweinerockige Riffs und Gitarrenlicks, für die James Hetfield seine Klampfe sofort an die Wand hängen würde, schon wieder ein amtliches Solo und dann noch die vorzügliche Kampfansage «wir scheissen auf das Fraternisierungsverbot». Da musst du richtig mitdenken, ist sowas überhaupt erlaubt?
Es wird relativ schnell klar, dass Lache mehr draufhaben, als sie in ihrem Promowisch andeuten. Nicht nur hat die Band einiges zu sagen, die sechs Songs sind auch einfach verdammt gut. Hätten Iron Maiden in den 70ern auf Deutsch gesungen und etwas weniger hohe Ansprüche gehabt, es gäbe kaum Unterschiede! Bestes Beispiel ist der Titeltrack: zweistimmige Gitarrenriffs und der galoppierende Beat inkl. Double-Bass-Attacken schaffen ein vorzüglich abwechslungsreiches Metal-Punk-Brett. Der wundervolle Text ist das Tüpfchen auf dem I: «Hätte ich das alles nur geträumt, dann würd ich sagen, ich habe ganz schlimme Probleme. Aber heute Abend sehen wir uns und das ist einigermassen entzückend.» Glorreich!
Man kann sagen, was man will, aber Lache machen ihre Sache verdammt gut. Die so charmante wie grobschlächtige Herangehensweise, starke Texte mit wachem Auge auf die Probleme unserer Gesellschaft und das nicht von der Hand zu weisende Gespür für tolle Harmonien, die wohlig im Kopf hängenbleiben. Das abschliessende «Schönen Dank» erweckt nostalgische Erinnerungen an WIZO und zaubert damit selbst den allerletzten Melodieverweigerern mit einer wundervollen Hook ein Lächeln ins Gesicht. Fast schon unverschämt, wie gut das ist!
Es hilft kein Understatement und kein Herunterspielen der eigenen Fähigkeiten, «Von mir aus nicht» ist eine vorzügliche kleine Platte, die dem Punk mal wieder ordentlich frischen Wind einhaucht. Lache machen alles richtig, auch wenn sie es selbst nicht so ganz glauben wollen. Darum freuen wir uns gehörig und singen zum Schluss nochmals alle gemeinsam: «Wir scheissen auf das Fraternisierungsverbot!»