HFMN Crew / VÖ: 20. September 2024 / Punk
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Text: David Spring
Schon vor vielen Jahren wurden wir von lustigen Briten von Monty Python gewarnt, dass man immer auf der Hut vor der Spanischen Inquisition sein müsse. Niemand erwartet sie. Scheinbar ist da etwas dran, denn anders kann ich mir nicht erklären, wie La Inquisición seit 2015 an mir vorbeiging. Doch mit «Mundo Invisible» steht uns nun das dritte Album dieser lautstarken Punktruppe aus Barcelona ins Haus und damit gibt es endgültig kein Entrinnen mehr.
Zugegebenermassen erwachen beim Gedanken aus Punk aus Spanien erstmal Erinnerungen an Ska-P und deren frohgemuten, politischen Klänge. Bei La Inquisición geht es rabiater und düsterer zu und her, das wird gleich schon beim titelgebenden Opener offensichtlich. Ein knackiger Bass eröffnet die Sache, bevor eine schöne Gitarrenwand und energetischer Gesang uns in die Welt dieser Band begleiten. Es dauert nicht lange, bis dich die Intensität und Energie des katalanischen Vierers ergreift, spätestens das folgende «Las Fotos Mienten» lässt die Fäuste freudig in die Höhe schnellen. Das macht Laune und selbst ohne die Texte zu verstehen, fühlt man sich motiviert, laut mitzusingen. Bestes Beispiel dafür ist «100 Colores», in welchem glorreiche Gitarren auf vorzügliche Hooks treffen und so einen der besten Songs der Platte schaffen. Das geht ins Herz und in den Fuss.
Was La Inquisición besonders gut beherrschen, ist die Balance aus druckvollem, wütendem Mid-Tempopunk und unverschämt eingängigen Melodien. Obwohl sich die Songs meist nicht extrem von einander unterscheiden, gibt es in den 30 Minuten Spielzeit mehr als genügend Abwechslung und vor allem soliden, geilen Punk, der nach vorne zieht und Bewegung in die Hütte bringt. Inhaltlich beschäftigt sich die Band vor allem mit sozialkritischen und politischen Themen, hat aber auch ein Faible für spirituelle und folkloristische Inhalte. Sei es die unaufhaltbare Entmenschlichung der Gesellschaft durch soziale Medien, unser Umgang mit der Natur, der Verlust von nahestehenden Menschen oder der unendliche Lauf der Zeit, all dies und mehr wird in den insgesamt zehn Songs auf mal handgreifliche, mal sehr poetische Art und Weise verarbeitet.
Das unabdingbare Highlight gibt es ganz zum Schluss mit «Nadie». Der Song ist eine fantastische Working-Class-Hymne, die sofort unter die Haut geht. Trotz aller Sprachbarrieren, ich bin sicher, die glorreichen Worte «Nada más que el anhelo de vivir y de morir en libertad.» («Nichts als die Sehnsucht, in Freiheit zu leben und zu sterben.») werden wir alle lautstark mitgrölen können. La Inquisición bieten mit «Mundo Invisible» eine vorzügliche Platte voller Herz und geiler Musik. Wer immer noch glaubt, dass guter Punk nur aus USA, UK oder Deutschland kommen kann, wird von dieser grossartigen Band hier schnell eines Besseren belehrt. Genauso muss das sein.