Brace Yourself Records / VÖ: 22. September 2023 / Alternative Rock
johntheband.co.uk
Text: David Spring
John Newton und Johnny Healy sind die beiden Mitglieder der Rock-Band JOHN. Da möchte man vordergründig erst meinen, dass das etwas sehr offensichtlich ist: wow, zwei Johns, die Ihre Band nach sich selbst benennen. Und überhaupt, was kann eine nur aus Schlagzeug und Gitarre bestehende Rock-Band auch gross abliefern? Nun, wie so oft lohnt es sich, etwas genauer hinzuhören, denn dieses laut-lärmige Duo lotet sämtliche Grenzen aus, um den perfekten Sound zu kreieren.
«A Life Diagrammatic» ist bereits die vierte Platte der Band aus Grossbritannien. In den über zehn Jahren seit der Gründung hat sich der Sound von JOHN von ungestümem Noise Rock in eine immer theatralischer und cineastischer werdende Richtung entwickelt. Dies will keineswegs heissen, dass die Musik auf der neusten Platte irgendwas mit John Williams zu tun hat, genauso wie man JOHN nicht mit The White Stripes oder ähnlichen Rock-Duos vergleichen kann. Der Opener «At Peacehaven» zieht nach einem kurzen, lärmigen Intro heftig nach vorne und eröffnet eine beeindruckend druckvolle Gitarrenwand. Dazu die harte und wandelbare Gesangsstimme Newtons, der von rotzig-rüpelhaft bis dämonisch bösartig alles bietet.
Die Musik von JOHN wirkt erst vielleicht grobschlächtig und wenig filigran. Doch jeder der zehn Songs wurde mit schier unglaublicher Detailverliebtheit kreiert. «Côte d’Adur» ist feinster Stoner-Rock, der die Monotonie voll auskostet, bis im zweiten Teil leicht dissonante, fliegende Gitarren Überhand gewinnen. «A Submersible» wiederum ist sphärisch, zurückhaltend und voller hallender Effekte. Abwechslung wird grossgeschrieben, wobei JOHN sich jederzeit auch den Limitationen ihrer Zweimannbesetzung bewusst sind und diese zelebrieren. Das Highlight ist wohl das fast sechsminütige «Trauma Mosaic», auf dem die Beiden aus sämtlichen Kanonen feuern.
Understatement ist ebenfalls ein wichtiger Eckpfeiler der JOHNschen Welt. So wird zum Beispiel im bizarren Intermezzo «Media Res» ein Telefonat mit Schauspieler Simon Pegg nahezu unkenntlich in statischem Lärm vergraben. Und auch das Feature mit Film- und Musiklegende Barry Adamson (Buzzcocks, Nick Cave & The Bad Seeds oder David Lynchs «Lost Highway») auf «Riddley Scott Walker» wird kaum hervorgehoben. Es geht einzig und allein um die Musik, nicht um Namen oder den Status. Genau das soll auch der pragmatisch gewählte Bandnamen vermitteln.
«A Life Diagrammatic» ist kein einfaches, dafür ein umso belohnenderes Album. JOHN machen grund-authentische Musik. Man kann sich darin verlieren und endlos viel entdecken, auch wenn man am Ende vielleicht ratloser dasteht, als zu Beginn. Musik soll herausfordern und etwas in uns bewirken, Musik muss nichts erklären oder klarstellen. JOHN bieten all das und mehr. Sie liefern uns ein faszinierendes Album und grossartige Musik für düstere Stunden – mehr braucht es nicht.