Band: Japanische Kampfhörspiele
Album: Abschiedskonzert
München 29.1.2011 (DVD)
Label/Vertrieb: Unundeux/Cargo
Veröffentlichung: 2. September 2011
Website: www.japanischekampfhoerspiele.de
Geschrieben von: Cyril Schicker
Zwar haben Japanische Kampfhörspiele schon 2011 zu ihrer Beerdigung geladen, doch der Schmerz hält seither noch immer an. Und wenn sich das angebrochene Jahr deshalb einen Blattschuss mitten ins Herz setzt oder sich aufs Rad flechtet, dann dürfen wir uns nicht verwundert die tränenwassergeschwängerten Augen reiben. Bewunderung passt hier aber sowieso weitaus besser als Verwunderung.
So unwirtlich sich die Auflösung auch geziemt, sie wird – immerhin – durch nostalgische Erinnerungsschmankerl, bestehende Platten sowie die Abschiedskonzert-DVD beschnitten. Letztere, von den überzeugenden, unzähligen Alben jetzt einmal abgesehen, treibt einem schon auch Tränenwasser in die Augen. Diesmal allerdings vor lauter Freude. Die 25 Songs erstrecken sich gerade einmal über gut 55 Minuten, doch ist es genau diese (stilechte) Effektivität, diese (genregerechte) Effizienz, welche verdammt Lust auf verdammt viel mehr macht.
Japanische Kampfhörspiele geben sich im Münchner Feierwerk u.a. der Schlachtung hin, ziehen die Jacke falsch rum an, führen die Supermacht ins Feld, wollen gut aussehen und gehen zudem in den Knast. Überdies wünschen sie guten Appetit, erstellen einen Dresscode, drehen einen Porno und stellen fest, dass sie von Geräten gehasst werden. Ja, dem ist nicht genug, all das muss verunstaltet und darüber hinaus der Selbstmord im Kaufhaus besungen werden. Als Special Feature präsentieren sich „Eine Bootsfahrt, die ist lustig“, „Obszön Extröm“ sowie „Backstagesession“.
Die Deutsche Deathgrind-Combo mag in erster Linie daherkommen, als sei sie seichten Themen und drögen Kalamitäten verschrieben. Lieder wie „Schwanzvergleich“ oder „Punkerpolente“ oder „Wie geht noch mal ficken?“ dürften diese Annahme verdeutlichen. Doch dem ist überhaupt nicht so, Japanische Kampfhörspiele sind viel mehr poetisch – und sozialkritisch. Klar, die aufgeführten Beispielen strotzen kaum davon, doch erfordern diese Tracks, wie alle anderen Songs ebenfalls, ein gewissenhaftes, mehrmaliges Reinhören.
Diese absolute Ausnahmeband schafft es wie keine andere, den global grassierenden Irrwitz aggressiv, halsbrecherisch, verstörend und aber eben auch poetisch sowie komödiantisch feilzubieten. Dies mach(-t)en Japanische Kampfhörspiele mit zwei Sängern, zwei Gitarristen, einem Drummer und einem Bassisten. Japanische Kampfhörspiele als Gesamtes verdienen die Artnoir-Höchstnote mit Fug und Recht.
Mit Fug und Recht wird auch jeder einzelne – noch erhältliche – Tonträger zum Kauf empfohlen!
Tracklist:
Tracklisting:
01 Die Schlachtung
02 Minderleister
03 Zieh die Jacke falschrum an
04 Schwanzvergleich
05 All das muss verunstaltet werden
06 Es ist verpackt in Palstik
07 Abflussbestattung
08 Supermacht
09 Krise
10 Alle wollen gut aussehen
11 Deutsche
12 Rentnerparadies
13 Gekochtes für Tiere
14 Geräte hassen mich
15 Kieferorthopädie
16 18:46:53
17 Kunstfehler
18 Verrat am Metal
19 Komm wir drehen ein Porno
20 Ich habe mich entschieden
21 Wir gehen in den Knast
22 Fresssucht
23 Selbstmord im Kaufhof
24 Guten Appetit
25 Dresscode