Date: 27. September 2008
Place: X-TRA – Zürich (CH)
Website: www.thebeautyofgemina.com
Written by: Nicole
Ende August 2008 erschien das neue Album „A Stranger To Tears“ von The Beauty Of Gemina welches am 27. September 2008 zum ersten mal dem Schweizer Publikum im Club X-TRA in Zürich live vorgestellt wurde. Anlässlich dieses Konzertes haben wir mit Sänger und Bandkopf Michael Sele gesprochen.
Nicole: Hallo Michael. Damit die Nicht-Schweizer Leser erst einmal etwas über die Entstehungsgeschichte von The Beauty Of Gemina erfahren, hole ich etwas weiter aus mit meiner ersten Frage. Vor The Beauty Of Gemina gab es die Band Nuuk, aus der du einige Mitglieder für deine neue Band mitgenommen hast. Wie hat sich das ergeben, dass ihr unter einem neuen Namen weiter gemacht und auch den Stil geändert habt, Nuuk war ja nicht ganz so düster?
Michael: Das ist nun doch schon eine Weile her. Ende der 90er habe ich zusammen mit einem Sänger als Duo ein Album gemacht und einige Konzerte gespielt. Ich spielte Gitarre, schrieb Songs und produzierte. Doch irgendwann konnten wir uns nicht mehr motivieren und ich wollte eigentlich in eine andere Richtung. Mac Vinzens, unser Schlagzeuger, ist in der letzten Phase von Nuuk dazu gekommen, wo wir bereits wussten, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird. Und Martin Luzio war nur noch bei den allerletzten Konzerten als Live-Bassist dabei. Während der letzten Tour hatte ich bereits angefangen neue Songs zu schreiben und zu singen. Der Übergang war sozusagen fliessend und das ist nun mittlerweile bald 10 Jahre her.
Nicole: Was haben die einzelnen Bandmitglieder für einen musikalischen Background. Dennis Mungo, euer Gitarrist ist z.B. erst seit kurzem bei euch?
Michael: Genau, Dennis ist das neueste Mitglied. Er war nach der Veröffentlichung unseres ersten Albums „Diary of a lost“ live als Gitarrist mit dabei, damit ich nicht alles alleine umsetzen musste. Er hat sich sehr gut in das Team integriert und deshalb war auch klar, dass er beim neuen Album mitarbeiten wird und wir ihm eine Chance geben wollen, seine Ideen mit einzubringen. So sind wir nun also ein Quartett.
Nicole: Das aktuelle Album wird über Danse Macabre veröffentlicht. Wie hat sich diese Zusammenarbeit mit der deutschen Szenegrösse Bruno Kramm ergeben und welche Vorteile hat dies für euch?
Michael: Bruno kenne ich schon länger. Er hatte bereits beim ersten Album grosses Interesse gezeigt und wollte es herausgeben. Aber leider hatten wir den Kontakt dann verloren und ich denke, er war wohl gerade selber mit mehreren Projekten beschäftigt. Als wir dieses Jahr auf dem WGT gespielt hatten war für uns bereits klar, wann das Album in der Schweiz und in Deutschland heraus kommen sollte. Jedenfalls haben wir uns dort wieder getroffen und er wusste natürlich, dass wir am zweiten Album arbeiten. Und kurz bevor die Türe sozusagen zu ging, hat er uns angerufen und gesagt, dass er es unbedingt machen will, so hat sich das also ergeben.
Nicole: Hat Bruno Kramm bei der Produktion noch mitgeholfen?
Michael: Nein, es war ja alles schon da. Das Album, das Booklet und der Videoclip waren bereits fertig und deshalb ging es dann ganz schnell.
Nicole: Wäre es denkbar, dass er z.B. bei einem nächsten Album intensiver mit euch zusammen arbeitet würde?
Michael: Das wird sich zeigen. Bruno hat uns mit Danse Macabre sicherlich eine Tür geöffnet. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es vielleicht einmal zu einer Zusammenarbeit in einer Form eines Remixes oder Ähnlichem kommen könnte. Für mich ist es jedenfalls eine grosse Freude und auch Bestätigung, dass er so toll reagiert hat.
Nicole: Hattest du beim neuen Album ein Konzept, sind die Texte vielleicht autobiographisch? Das Ganze kommt bei mir sehr emotional an und da möchte ich natürlich wissen, wie viel davon ist tatsächlich Erlebtes und was ist Fiktion?
Michael: Die Texte haben immer etwas mit mir zu tun, aber nicht unbedingt autobiographisch. Wenn ich jedoch Geschichten von anderen Menschen erzähle und einen Song daraus mache, dann identifiziere ich mich zu 100% damit und lebe dies dann auch. Wenn alles nur autobiographisch und aus meinem Leben wäre, dann würde das für den Hörer irgendwann langweilig. Und so gibt es dem Ganzen eine gewisse Spannung. Ich kann in Figuren schlüpfen, habe so aber gleichzeitig einen Abstand zum Inhalt, den es braucht.
Nicole: Beim Stück „The lonesome death of a goth DJ“ zum Beispiel musste ich beim hören etwas schmunzeln, obwohl es einen eher kritischen Inhalt hat. Ist es eine Anschuldigung an gewisse DJs, dass du deinen Stil quasi dem anpassen solltest, was sich auch verkauft oder ist es einfach ironisch gemeint?
Michael: Es geht wirklich um das, was du da ansprichst. Ich war mir gerade bei diesem Titel bewusst, dass er polarisieren und auch provozieren wird. Es handelt von der Kommerzialisierung und dem Ausverkauf der Szene. Eine Szene, mit der ich bereits eine lange Geschichte habe und die doch von der Individualität lebt, in der nicht alle im gleichen Format funktionieren müssen. Wenn unsere Radiostationen die Musik schon nicht mehr spielen, dann sollten sich die DJs doch wenigstens nicht nur auf gewisse Formate reduzieren und auch mal eine leere Tanzfläche in Kauf nehmen. Die Rolle des DJ ist sehr wichtig und insofern haben sie auch eine Verantwortung. In den Clubs gibt es neben den Tänzern auch solche wie mich, die an der Bar stehen und einfach zuhören und vielleicht denken, dass da gerade eine gute Nummer läuft. Das ist so in etwa der Gedanke dahinter. Damit will ich nicht moralisieren. Es ist eher wie eine Metapher. Seine Visionen und Ziele zu verlieren heisst sterben. Man kann sich als Musiker verkaufen, aber man kann sich als DJ genauso gut verkaufen.
Nicole: Du wirkst auf mich doch eher wie ein zurückhaltender Mensch. Wie ist es für dich auf der Bühne zu stehen und gerade auch sehr emotionale Titel zu singen?
Michael: Ich geniesse es sehr auf der Bühne zu stehen. Dieser Moment ist einmalig. Ich stehe ja 100% hinter den Songs und das hat sehr viel Energie. Natürlich habe ich auch einen gewissen Respekt zusammen mit etwas Nervosität. Aber ich freue mich auf heute Abend. Das Studio ist harte Arbeit und Live ist ein Vergnügen, um auch das Feedback direkt spüren zu können.
Nicole: Gerade heute Abend, wo ihr das neue Album zum ersten mal live vorstellen werdet, wirst du dich speziell vorbereiten?
Michael: Auf jeden Fall, die Erwartungen sind ja hoch. Dann die Frage, hat es genug Leute und wie funktionieren die neuen Songs live. Wir haben das neue Album noch nie vor Publikum getestet, das ist heute also das erste mal. Dazu kommt noch, dass wir noch nicht voll aufeinander eingespielt sind. Das letzte mal auf der Bühne waren wir auf dem WGT und dazwischen haben wir viel im Studio gearbeitet.
Nicole: Ist eine Tour geplant?
Michael: Wir spielen Ende Oktober noch zwei Konzerte in England am Whitby Gothic Weekend. Nächstes Jahr dann wollen wir eine längere Tour auch durch Deutschland machen. Aber das braucht noch etwas Nerven und Geduld, denn als Schweizer Band ist es nicht gerade einfach in Deutschland Anerkennung zu bekommen, einfach weil die Szene dort schon so gross ist. Aber die Zeit wird kommen und irgendwann setzen wir uns hoffentlich durch.
Nicole: Ihr könnt wahrscheinlich noch nicht von der Musik alleine leben?
Michael: Das stimmt. Es sind ja viele Leute beteiligt und das alles kostet sehr viel Geld. Ich müsste eigentlich allen einen Lohn bezahlen , doch das ist unmöglich. Eine Art Firma wäre ideal. Ich hätte dann zehn Leute eingestellt und jeder weiss genau was er zu tun hat. Arbeit hätten wir genug. Alleine für die Betreuung des Internets könntest jemand zwei drei Stunden pro Tag ohne Probleme arbeiten.
Nicole: Du hast eben die deutsche Szene angesprochen. In Deutschland ist alles sehr gross und teilweise recht zersplittert. Wie ist die Szene hier in der Schweiz?
Michael: Man kennt sich relativ schnell, einfach weil alles viel kleiner ist, das ist richtig. In Zürich läuft sehr viel, es hat viele Veranstalter und Locations und die Bands kommen gerne hierher. Was jedoch fehlt sind Magazine und Leute z.B. im Radio, die sich mit dieser Musik auskennen und Erfahrung haben. Du kannst ja nur etwas beurteilen, wenn du einen Hörbackground hast und das fehlt ein bisschen. Mittlerweile haben wir sicherlich einen Sonderstatus in der Schweiz erreicht. Dass eine Szeneband in einem so grossen Club wie dem X-tra als Headliner auftritt, ist doch eher unüblich. Die Leute hier vom Club finden unseren Sound jedoch gut und gehen wohl davon aus, dass heute Abend genügend Leute aus der Szene kommen werden um das Haus zu füllen, was wir natürlich genauso hoffen.
Nicole: Innerhalb der Szene, habt ihr da einen guten Zusammenhalt?
Michael: Ist klar, da sind nicht so viele Bands und da kennt man einige persönlich. Wenn es geht, gehe ich gerne an Konzerte und verfolge was sie machen weil es mich natürlich interessiert. Aber einander zu unterstützen ist eher schwierig. Solche Netzwerke sind nicht wirklich vorhanden. Ich bin jedoch gespannt auf heute Abend, ob andere Bands kommen werden oder nicht.
Nicole: Ich denke, ihr werdet auf jeden Fall euren Weg machen, die Weichen sind ja gestellt.
Michael: Es würde uns freuen, wenn wir mit dem zweiten Album nun in Deutschland noch einen Schritt weiter nach vorne machen und nächstes Jahr auf dem einen oder anderen Festival spielen könnten.
Nicole: Besten Dank für das Interview und ein tolles Konzert.
Michael: Ich danke auch.