Datum: 14. Oktober 2011
Ort: Dynamo – Zürich
Geschrieben von: Nicole Imhof
Im Gespräch mit: Andi und Ron von den Broilers
In Deutschland spielen sie vor über 3’000 Leuten, doch in der Schweiz sind die Broilers ein „noch“ eher unbekanntes Blatt. Was sie dazu sagen und was sie über Politik und Punkrock zu erzählen wissen, das haben wir sie gefragt.
Nicole: Hallo zusammen. Ich hoffe, ihr habt etwas Nachsicht mit mir, wenn ich noch nicht so viel über die Broilers weiss und allenfalls schon zigfach gestellte Fragen wiederholen sollte. Doch wie es den Anschein macht, stehe ich mit meiner Unwissenheit nicht alleine da. Bei unserer Broilers-Verlosung vor kurzem z.B., da haben sicher gut 80% Leser aus Deutschland teilgenommen, also doch ein krasser Beweis für die Beliebtheit bei euch zu Hause und den Nachholbedarf hier in der Schweiz. Macht doch gleich mal einen Werbeslogan für die Schweiz, wie könnte sich das anhören? 🙂
Andi: Boah…, Werbung in eigener Sache, da tu ich mich immer schwer mit. Aber ich kann nur jedem empfehlen, eine Show von uns anzugucken und vorbei zu kommen. Probiert‘s einfach mal. 🙂 Es ist schon so, dass je weiter wir Richtung Süden fahren, desto grösser wird der Szenefaktor. Also in Deutschland ist unser Publikum sehr durchmischt, hingegen eben hier fast ausschliesslich die Szene an ein Konzert kommt. Aber wie gesagt, einfach ausprobieren, wir spielen live auch immer unser volles Repertoire, also von alten Stücken bis hin zu den aktuellen, da ist für jeden was dabei.
Nicole: Würdet ihr denn sagen, dass ihr live besser rüber kommt, als ab Platte?
Andi: Ja schon, es macht auf alle Fälle viel mehr Spass. Wir haben schon selber mal gedacht, dass wir die Platten nur machen, damit wir danach was haben, das wir live auf der Bühne spielen können. 🙂
Ron: Ich denke auch, wir sind klar eine Live-Band und deshalb machen wir überhaupt Musik.
Nicole: Ist die Schweiz für euch ein weiteres Zielpublikum, dass es zu erobern gilt?
Ron: Natürlich ist es schön, wenn uns noch ein paar Leute mehr hören würden. Deshalb kommen wir auch hierher, um uns zu zeigen. Und es macht uns Spass, hier in kleineren Läden zu spielen, was mittlerweile ein krasser Kontrast zu Deutschland ist. Gerade gestern haben wir vor knapp 250 Leuten gespielt (a.d.R. im Kofmehl – Solothurn: siehe unser Bericht).
Andi: Einen Masterplan haben wir dafür nicht. Bei Festivals versuchen wir jedoch schon, da auch in der Schweiz spielen zu können, wie z.B. letztes Jahr am Greenfield in Interlaken. Dort erreicht man einfach sehr viele Leute auf einmal. Aber ansonsten gucken wir einfach, wo wir spielen können und fahren dann dahin.
Nicole: Ich kann mir gut vorstellen, dass in den kleineren Clubs sicher eine andere Stimmung ist, als in grossen Hallen?
Ron: Ja klar, es macht Spass, weil die Leute sofort mitmachen und mitten im Geschehen stehen sozusagen. Die stehen dir dann direkt vor der Nase und gehen voll ab.
Andi: Das andere ist natürlich auch krass. Wenn du da in einer riesen Halle stehst, das Ende nicht erahnen kannst und dann die Leute auch noch alle mitsingen, da kriegst du echt Gänsehaut. 🙂
Nicole: Was war denn die grösste Location, die ihr selber bespielt hattet?
Andi: Ich würde sagen, das war die Turbinenhalle in Oberhausen (D), in der wir als Headliner vor gut 3‘500 Leuten spielen durften.
Ron: Das ist auch gleich ne andere Atmosphäre, wenn du weisst, dass die alle nur für dich da sind.
Nicole: „Santa Muerte“, die heilige Tote, ist Namenspatronin eures neuen Albums. Was habt ihr zu dieser Figur für eine Beziehung und weshalb steht sie für dieses Album?
Ron: „Santa Muerte“ steht in diesem Fall auch für eine fiktive Stadt, oder Orte, an die man gerne flüchten möchte. Die „Santa Muerte“ ist eine starke Persönlichkeit, die ja vor allem in Ländern wie Mexico und Kuba geehrt wird, wo man mit dem Tod total anders umgeht, als hier. Und das gefällt uns.
Andi: Sie ist ja u.a. die Schutzpatronin von Bettlern, Herumtreibern und Huren, aber auch von den Bullen. Und da dachten wir, dass das gut passt. 😉
Nicole: Dann habe ich noch etwas auf eurer Bandseite gefunden. Es gibt da einen Sticker von euch mit der Aufschrift: „Join The Broilers Vendetta“. Was meint ihr damit oder gibt es eine Geschichte dazu?
Andi: Wir sind alle grosse Fans von Mafia-Filmen wie der Pate oder der Serie die Sopranos und mögen die Romantik, die sich dahinter versteckt, also dieses Verschlossene, Verschwiegene. Und das, obwohl die Mafia ja totale Assis (a.d.R. = Asoziale) sind, finden wir die ganz nett. 🙂 Und von daher kam das.
Nicole: Wie stark interessiert ihr euch für Politik und die Gesellschaft? Oder was ist eure Meinung zur aktuellen Wirtschaftssituation?
Andi: Wir alle haben unsere politische Meinung und wir sehen uns auch als eine politische Band. Und ganz klar natürlich auf der linken Seite, was wir alles teils auch in unseren Liedern zu verarbeiten versuchen. Aber wir machen jetzt keinen Politrock oder stehen gar mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne. Letztendlich wollen wir sagen, dass jeder etwas machen muss und immer kritisch bleiben soll. Wenn dich was stört, ob politisch oder auf einer persönlichen Ebene, dann mach was und versuch es selber zu ändern.
Nicole: In der Schweiz stehen nächstes Wochenende die alle 4 Jahre wiederkommenden Wahlen an, zu denen leider immer noch zu wenig Stimmberechtige hingehen. Wie seht ihr das und seit ihr selber aktiv?
Ron: Auf alle Fälle, denn jede Stimme, die man nicht abgibt, die fehlt einfach. Wählen ist sehr wichtig, denn so können wir als „normale“ Bürger immerhin etwas tun, wenn man schon nicht selber politisch aktiv sein kann oder will.
Nicole: Was bedeutet für euch Punkrock oder Oi!?
Ron: Punkrock ist ja der Grundbegriff sozusagen. Und Punkrock bedeutet für mich „Selbermachen“. Den Arsch hochkriegen und sich selber um Sachen kümmern, die einem wichtig sind und was Eigenes auf die Beine stellen sozusagen. Oder seine eigene Meinung äussern, wie wir das mit der Musik machen können. Musik ist überhaupt eines der besten Mittel, um seine Meinung kundgeben zu können.
Andi: Und es ist ganz einfach auch ein Lebensstil letztendlich. Von der Musik, über die Klamotten und wie schon gesagt, nicht einfach alles schlucken, was einem gesagt wird, sondern eben den Arsch hochkriegen und das machen, worauf man Bock hat.
Nicole: Beim Surfen im Netz habe ich eine ulkige Einleitung zur Beschreibung über euch gefunden. Da steht in etwa aus dem Englischen übersetzt geschrieben: „Broilers, eine Punkrock-Band mit einem merkwürdigen Namen …“. Was sagt ihr dazu?
Andi: Ja also der Name ist schon scheisse. 🙂 Also echt kacke. Wir haben halt sehr früh, also mit 12 Jahren bereits angefangen Musik zu machen und waren damals Fan von all diesen Oi! Bands wie SpringtOifel oder Loikaemie, die alle dieses „Oi!“ im Namen hatten. Und so mussten wir das natürlich auch unbedingt haben. In der Zwischenzeit haben wir uns natürlich des Öfteren gedacht, hätten wir doch mal.. aber ist ja jetzt egal. Deutsche Bands haben überhaupt alle echt scheiss Namen wie die Toten Hosen oder die Ärzte. Von daher passen wir da trotzdem gut rein. 🙂
Nicole: Überhaupt zum Thema Die Toten Hosen. Was haltet ihr von Vergleichen mit ihnen, stört euch das?
Ron: Die Toten Hosen haben wir alle früher gehört und die waren ein Vorbild von jedem einzelnen von uns. Jeder von uns hatte sicherlich eine Tote Hosen Schallplatte als erstes im Schrank stehen und ist so in diese Musikrichtung gerutscht. Ok, da gibt‘s vielleicht einen oder zwei von uns, die auch noch eine Ärzte CD hatten. 😉
Andi: Um die Toten Hosen kommt man auch nicht drum rum. Da gibt es auf alle Fälle blödere Sachen, mit denen man verglichen werden kann. 🙂 Und die sind übrigens schon noch mehr Punkrock, als man denkt. Da könnten sich so einige „Nouvel-Punks“ ne Scheibe von abschneiden.
Ron: Ein sympathischer Chaoten-Haufen. 🙂
Nicole: Wie ihr ja wahrscheinlich auch? 😉
Ron: Ja klar 😀
Nicole: Dankeschön, das war’s schon für heute. Alles gute und viel Spass nachher beim Konzert.
Andi: Ja, danke auch.
Ron: Und vielleicht kommen wir ja nächstes Jahr wieder.