Band: I Like Trains
Album: Kompromat
Genre: Post-Rock
Label: Atlantic Curve
VÖ: 21. August 2020
Webseite: iliketrains.co.uk
„Die Wahrheit ist bereit, wenn du es bist.“ Es sind unsichere Zeiten, in denen wir leben. Was ist schon die Wahrheit, wenn der stete Strom an Nachrichten und Medien, der auf uns niederregnet, diese jeden Tag neu auslegt und ausmalt? Wer weiss überhaupt noch, wo oben und unten ist, wem man Glauben schenken darf und wie weit das unvermeidliche Ende noch entfernt ist? Das soziale und politische Umfeld wird mit jedem Tag undurchsichtiger und gefährlicher, das einzig Positive ist die Tatsache, dass dieses Klima interessanter Musik dienlich sein kann.
Die Band mit dem wunderschönen Namen I Like Trains aus Leeds legt mit dieser Einstellung ein neues Album an den Tag. „Kompromat“ heisst das Werk, was für „kompromittierendes Material“ steht und aus dem russischen Geheimdienstjargon stammt. Die fünf Jungs um Sänger David Martin haben acht Jahre gebraucht, um einen Nachfolger auf ihr 2012er-Werk „The Shallows“ zu kreieren, acht Jahre, in denen ziemlich viel passiert ist. Eigentlich wollte die Band kein Album über aktuelle Geschehnisse schreiben, doch in Zeiten von Trump, Brexit und russischen Spionen geschah es zwangsläufig, dass sich der ursprüngliche Pfad irgendwann mit dem Zeitgeschehen vermischte.
So entstanden neun Songs, welche die Welt in einem ernüchternden und pessimistischen Licht malen. Martins sardonisch vernichtenden und in monotonem Bariton vorgetragenen Texte, die simpel treibende Rhythmussektion und die sphärisch detaillierten Synthies und Gitarren ergeben ein Gesamtbild, welches in 2020 genauso zu Hause ist, wie es das auf einem Stranger-Things-Soundtrack oder in einem JohnCarpenter-Film sein könnte. „Kompromat“ wirkt bekannt und familiär, nichts, was man noch nie gehört hätte, aber gleichwohl frisch und interessant. Man kann sich in den verspielten, melancholischen Melodien und Songstrukturen genauso verlieren, wie in den äussert harten und pessimistischen Worten. Romantische Nostalgie vermischt sich mit Wut und Hilflosigkeit, etwas, was nicht vielen Bands so schön gelingt, wie I Like Trains.
I Like Trains haben mit „Kompromat“ ein starkes Werk geschaffen, welches relevant und altmodisch zugleich ist. Musikalisch steckt man meiner Meinung stellenweise etwas sehr in der Vergangenheit und läuft Gefahr, anachronistisch zu wirken. Die äusserst überzeugenden Texte und der Gesamteindruck des Albums hinterlassen nach dem Closer „Eyes To The Left“, welches schnörkellos den Kreis zum Opener „A Steady Hand“ schliesst, jedoch den beruhigenden Gedanken, nicht alleine in dieser verwirrenden Welt zu sein. I Like Trains verleihen einem trotz Ungewissheit, Wut und Pessimismus das Gefühl, dass man sich als Hörer*in verstanden und sicher fühlt. Und etwas Sicherheit schadet uns allen in diesen merkwürdigen Zeiten bestimmt nicht.
Tracklist:
1. A Steady Hand
2. Desire Is A Mess
3. Dig In
4. PRISM
5. Patience Is A Virtue
6. Man Of Conviction
7. New Geography
8. The Truth
9. Eyes To The Left
Bandmitglieder:
David Martin – Gesang und Gitarre
Guy Bannister – Gitarre und Synthesizer
Ian Jarrold – Gitarre
Alistair Bowis – Bass
Simon Fogal – Schlagzeug
Gründung:
2004
Text: David Spring