21. August 2011
Open Air Gampel – Wallis
Geschrieben von: Nicole Göbel
Im Gespräch mit: Sam (Sveb Budja), Digger (Rüdiger Brans) und Basti (Sebastian Raetz) von The Baseballs
Wer hätte das gedacht, der Sommer hat die Schweiz doch nicht ganz vergessen und zeigt sich just vor dem Open Air Gampel von seiner intensivsten Seite. Am Sonntag war es so heiss, dass man bereits beim Gedanken sich zu bewegen Schweissausbrüche bekam. Und genau für den Tag ist das Interview mit der Deutschen Band The Baseballs angesetzt. Es hätte passender nicht sein können. Denn heiss sind die Jungs, die mit Ihren Elvis-Tollen aktuelle Radiohits verrock’n’rollen definitiv. Neben bester Feel Good Musik bringen die Musiker auch immer eine grosse Portion Sexappeal auf die Bühne. Auch hinter dem Vorhang sind die drei Musiker witzig und charmant.
Nicole: Hallo zusammen. Boah ist das heisst hier!
Digger: Willst du ein Eis?
Nicole: Nein, danke. Lieber ein paar Antworten. Was wolltet Ihr werden, als Ihr klein wart?
Sam: Ich wollte Schauspieler oder Sänger werden. Vor allem als ich Elvis entdeckt habe, der ja Schauspieler und Sänger ist, fand ich das sofort cool. Die Art der Filme hat mir total gefallen. Ein singender Rennfahrer, der immer das Mädchen bekommen, das er besungen hat. Eine ganz grossartige Geschichte.
Digger: Als ich ganz klein war, da wollte ich Clown werden.
Sam: Das hast Du ja geschafft, Digger!
Digger: Im Kindergarten hatte ich tatsächlich meine erste Clownshow. Ich hatte mir aus dem Karnevalsladen eine Halbglatze mit roten Haaren besorgt. Alle Kinder kamen in die Turnhalle, um meine 2-stündige Show anzusehen.
Sam: Und, haben sie gelacht?
Digger: Das weiss ich nicht mehr. Doch, einmal da haben alle gelacht. Ein Freund von mir war so quasi mein Assistent. Dem hab ich mit einer Giesskanne Wasser über den Kopf geschüttet. Das fanden alle total lustig.
Basti: So eine tolle Geschichte hab ich nicht auf Lager. Ich wollte singender Anwalt werden.
Sam: Was ist denn das für eine Kombination, bitte? Wir verklagen Sie auf 10 Jahre. Und dann singst Du?
Basti: Ja, so ungefähr. Ich wollte eben Anwalt, aber auch Sänger werden. Da war die Kombination naheliegend.
Nicole: Und wo ist der Anwalt geblieben?
Basti: Im zweiten Semester.
Nicole: Willst Du das irgendwann noch weitermachen?
Basti: Nein, die Zeiten sind vorbei.
Nicole: Wie habt Ihr euch als Band gefunden?
Basti: Wir haben mittlerweile unser 4-jähriges.
Sam: Ne, unser 5-jähriges, oder?
Basti: Wir haben uns im Sommer 2007 kennengelernt. Lass mal zählen … unser 4-jähriges. Getroffen haben wir uns in einem Proberaumkomplex in Berlin. Ich war mit einer Hochzeitscoverband da, Digger mit seinem Schwager und Sam wollte sich Berlin angucken und landete irgendwie auch da.
Sam: Die anderen Bands haben mehrheitlich Gothic Musik gemacht, so hartes Zeug halt. Da sassen wir mit unseren Tollen im Gemeinschaftsraum und kamen ins Gespräch. Es war klar, dass wir denselben Musikgeschmack haben. Am selben Abend haben wir angefangen zu jamen, alte Klassiker von Elvis und co. Der erste Song war „Blue Suede Shoes“ und den haben wir automatisch dreistimmig gesungen ohne das so ausgemacht zu haben. Das war sehr cool. Die Geburtsstunde der Baseballs.
Nicole: Das heisst, Ihr seid schon immer mit Elvis-Tollen rumgelaufen?
Sam: Wir sind nicht damit auf die Welt gekommen, aber seit wir so mit 6 oder 7 Jahren den Rock’n’Roll für uns entdeckt haben.
Nicole: Wie kam es zum Bandnamen The Baseballs?
Sam: Wir wollten nicht wie eine typische Rockabilly-Band klingen, „The Shakers“ oder so. Wir sind ja auch keine eigentliche Rockabilly-Band. Und trotzdem wollten wir den Bezug zu den 50ern. Baseball ist eine typische Sportart aus der Zeit und noch immer gross in Amerika, wo die Musik ja auch herkommt. So entstand der Name The Baseballs.
Nicole: So einfach war die Namensfindung?
Digger: Schnell ging das nicht. Wir hatten natürlich noch viele anderen Namen. Zum Beispiel „Digger and the cars“, „Digger and the butterflies“, „Digger and the others“…
Basti: Keine Ahnung warum wir was gegen diese Namen hatten…
Nicole: Ihr verrock’n’rollt aktuelle Hits. Welche Eigenschaften muss ein Song haben, damit Ihr in adaptieren könnt?
Digger: Das ist wie bei Frauen. Plötzlich kommt eine um die Ecke und ist einfach nur: Wow! Bei Songs ist das genauso. Lady Gagas ‚Born This Way’ ist so ein Beispiel. Den fanden wir alle sofort geil. Der Song hat alles, was ein guter Rock’n’Roll-Song braucht. Schöne Harmonien, eine gute Melodie, die so reduziert ist, dass sie auch in die 50er reingepasst hätte und ein Text, der verarbeitet werden kann. Techno-Nummern zum Beispiel sind schwierig, da haben wir nicht genug Materie um damit zu arbeiten.
Nicole: Bei Hiphop geht das besser?
Digger: Ja, bei „Candy Shop“ konnten wir uns so richtig auslassen. Wir hatten viel Text und die Freiheit in die drei, vier spärlichen Akkorde etwas hineinzuinterpretieren. Wenn wir einen möglichen Song haben, dann jamen wir mit unserer Band und schauen ob es klappt. Wenn ja, dann geht’s weiter mit dem Song, wenn nicht, dann kippen wir ihn wieder. Ganz nach dem try and fail-Prinzip.
Nicole: Ihr hört also nicht sofort, ob ein Song funktioniert oder nicht?
Digger: Das ist ähnlich wie mit der Traumfrau. Die kann man ja auch nicht genau beschreiben. Es sind einzelne Charakterzüge, die eine Traumfrau perfekt oder unperfekt machen. Und so ist es bei Songs auch. Es gibt coole Songs, die aber plötzlich nach einer Minute total langweilig werden.
Nicole: Auf Eurer neuen Platte „Strings’n’Stripes“ gibt es einen ersten eigenen Song „Hard Not To Cry“.
Alle: …
Nicole: Du hast den geschrieben, Digger, oder?
Digger: Ja…
Basti: Er traut sich nicht recht das zu sagen, aber ja, er hat ihn geschrieben.
Nicole: Was ist die Geschichte dazu? Wie entstand der Song?
Digger: „Hard Not To Cry“ basiert auf einem Lied, das ich mit 15 geschrieben hab. Der Originalsong hiess „In Your Eyes“. Die heutige Zeile „And I Try To Forget you“, hiess damals „In Your Eyes I See Fantasies And Stars“ und so weiter. So ein Scheiss muss einem erst einmal einfallen. Wir waren letztes Jahr viel unterwegs. Eines Nachts kam mir die Idee für den neuen Text, der zu einer 50er Jahre Boygroup wie uns passt. Ich hab uns auf der Bühne angesehen und da kam mir die Zeile „Sometimes It’s Hard For Boys Not To Cry“ in den Sinn. Ich meine da sieht man zum Beispiel Sam und denkt, boah, der knockt ja alles weg und dann schaut man abends mit ihm König der Löwen und er heult wie ein Schlosshund.
Sam: Wir haben noch nie zusammen König der Löwen geguckt. Nur um das klar zu stellen.
Digger: War ja nur Spass. Der Song tritt dem Rockabilly-Image entgegen, das man ja irgendwie von uns erwartet, wir aber nicht verkörpern wollen. Klar, wir wollen Rock’n’Roller sein, aber eben nicht die harten, tätowierten Psychobillys. Es ist ein kleiner Hinweis an die Rockabilly-Szene, dass wir auch mal eine schnulzige Ballade singen. Auch harte Jungs dürfen mal etwas weicher sein.
Nicole: Mist, die Zeit ist um daher noch eine letzte Frage. Was soll mal auf Eurem Grabstein stehen?
Sam: Gott oh Gott. Was ist den hier los.
Basti: Das ist wirklich die allerletzte Frage. Meine Güte. Also als erstes sicher eine ganz, ganz späte Jahreszahl.
Sam: Genau, ein Datum das ganz weit in der Ferne liegt. Um ehrlich zu sein, hab ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht und mir wird auch ganz mulmig beim Gedanken daran.
Digger: Ich würde in mein Testament schreiben, dass sie draufschreiben „Ich bin gleich wieder da“ oder aber „Hier könnte Ihre Werbung stehen“.
Nicole: Nun bleibt mir nur noch euch eine tolle Show zu wünschen. Vielen Dank für das Interview.