Taxi Gauche Records / VÖ: 9. September 2022 / Psychedelic Rock
harveyrushmoreandtheoctopus.com
Text: David Spring
Die Welt rast derzeit von einer Katastrophe in die nächste. Pandemie, Kriege, Klima – es ist nicht gut um uns bestellt. Dies merkten auch die Psych-Rocker von Harvey Rushmore & The Octopus, die sich gute drei Jahre Zeit nahmen, um mit „Freedomspacecake“ ein ernüchterndes, aber hoffnungsvolles Album zu kreieren.
Der Opener „Plastiq“ startet positiv, doch schnell wird klar, dass nicht alles eitel Sonnenschein ist. Ein düsterer, ungewöhnlich harter Refrain lässt keine Zweifel offen: das Ende naht. Das rasante Psych-Feuerwerk „Speedmaster“ hebt uns in wilde Sphären, wo wir komplett den schwergewichtigen Emotionen und der Nichtigkeit des Seins hingeben können. Harvey Rushmore & The Octopus gelingt es fantastisch, Gefühle der Schwerelosigkeit und des Abhebens mit unwohlen Weltuntergangsfantasien und einer guten Prise Fatalismus zu paaren, um einmalige Klangwelten zu erschaffen.
Auf Platte Nummer drei fehlt es bei Harvey Rushmore & The Octopus nicht an fuzzigen Gitarren mit viel Delay, treibenden Beats und einer ganzen Palette an fremdartigen Effekten. Die markante Stimme von Sänger Massimo Tondini erzählt mal flehend, mal anklagend, mal merklich high von Albträumen, den Gefahren des Lebens und dem beflügelten Ausbruch aus der Realität in den Exzess mit dem „Freedomspacecake“. Der psychedelische, abgedrehte Sound voller wiederholender Melodien, stoischen Beats und ausufernden Songstrukturen fungiert als perfekte Plattform für den Weltschmerz, in welchem man sich mit diesem Album endlos verlieren kann.
Gegen Ende der dreiviertelstündigen Reise wird die Platte merklich leichter und verspielter. „Harvey Stardust„, die glorreiche Vorabsingle, ist eine beschwingt-beschwipste Erinnerung daran, dass es durchaus Hoffnung geben darf. Der titelgebende Closer mäandriert während fast neun Minuten tief in unseren Seelen und macht glücklich und betroffen zugleich. Sind wir ehrlich: mit ein Bisschen Exzess und Lebensfreude lässt sich alles besser ertragen.
Mit diesem beinahe erhabenen Ende zementieren Harvey Rushmore & The Octopus ihren Stand als eine der aufregendsten, cleversten und besten Psychedelic Rock-Bands der hiesigen Szene. „Freedomspacecake“ hat alles, was man sich von einem solchen Album verspricht. Somit können wir Hand in Hand auf das unweigerliche Ende der Welt warten. Solange wir vorzügliche Musik wie diese Platte haben, ist alles nicht so schlimm.