AOP Records / VÖ: 24. Januar 2025 / Black Metal / Post-Metal
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Text: David Spring
«Eine Momentaufnahme der Welt, in der wir leben – eine Welt, die tragisch zerbrochen liegt.» Mit diesen Worten beschreiben Harakiri For The Sky, die einzigartige Post-Black-Metal Formation aus Wien, ihr neues Werk «Scorched Earth». Worte, die nicht treffender hätten gewählt werden können.
Wer die Musik von Harakiri For The Sky kennt, weiss, auf welch emotionale Achterbahnfahrt dieses Duo uns mitnehmen kann. Kaum eine andere Band lotet die Genre-Grenzen aus wie sie, immer auf der Suche nach der perfekten Melodie, dem perfekten Riff, der perfekten Emotion. Das neuste Album, dass aus den Aschen der Post-Pandemie-Welt entstand und stark von diesen neuen Realitäten inspiriert und geformt wurde, macht keine Ausnahme. Der gewaltige Opener «Heal Me» bereits belegt mit vernichtender Effizienz, dass Multiinstrumentalist M.S. und Vokalist J.J. nichts an Genie eingebüsst haben. Emotionale Pianos, atmosphärische Melodien, knüppelharte Gitarren, vernichtende Drums und die unvergleichlich klagende Stimme. Welch Einstand.
Inhaltlich berufen sich Harakiri For The Sky bewusst auf ihre eigene Grundfeste: die Liebe, das Leben, der Tod. Je älter die Musiker werden, desto schwieriger wird es, laut Aussage der Band, diese Gefühle in passende Worte zu fassen. Dieser Herausforderung stellen sich die beiden jedoch gerne, denn das Endresultat sei so nur noch befriedigender. Zugegebenermassen ist es nicht einfach, die Texte wirklich zu bewerten, ohne diese vorliegen zu haben. Glücklicherweise aber funktionieren die gewaltigen, herausfordernden Kompositionen auch so, denn die extreme Musik der Band lässt sich mit jeder Faser des Körpers spüren.
Man könnte sich an dieser Stelle stundenlang und ausufernd in Beschreibungen verlieren und inadäquate Vergleich an den langen Haaren herbeiziehen. Man könnte ewig schreiben über wunderschöne, todtraurige Melodien wie im fantastischen «Keep Me Longing», über beinahe poppige, gar kitschige Leads in «I Was Just Another Promise You Couldn’t Keep» oder über folkig und keltisch angehauchte Klänge im kolossalen «With Autumn I’ll Surrender». Auch erwähnen sollten wir das unerwartete, gelungene aber auch nicht zwingend nötige Radiohead-Cover «Street Spirit (Fade Out)» sowie das exquisite Gastspiel von Svalbards Serena Cherry in «Too Late For Goodbyes». Und natürlich sollten wir über das vielleicht beste Stück überhaupt, «Without You I’m Just A Sad Song», sprechen, denn dieses Meisterwerk wird als Vorzeigestück dafür, was Extreme Metal alles kann, darf und soll, in die Annalen der Musikgeschichte eingehen.
Ja, man könnte noch vieles sagen, doch sollte diese Musik viel eher erlebt, erfühlt und erfahren werden. Harakiri For The Sky sind unabdingbare Meister ihres Fachs, unvergleichlich und unerreicht. «Scorched Earth» hinterlässt nichts als solche und zementiert den Stand der Band als eine der spannendsten, mutigsten und kreativsten unserer Zeit. Die Welt, sie ist tragisch kaputt, doch dank solcher Musik bleibt die ganze Misere trotz allem immer wieder irgendwie aushaltbar.
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