Sub Pop Records / VÖ: 25. März 2022 / Art Rock
guerillatoss.com
Text: David Spring
Die Welt ist nicht immer ein fröhlicher Ort. Persönliche Schicksalsschläge sowie die globale Lage machen uns allen das Leben schwer. Zum Glück gibt es Menschen, die daraus wundervoll positive und lebensbejahende Musik kreieren. Zum Beispiel Guerilla Toss aus New York. Die Art-Rock-Gruppe verzaubert die Welt seit 2012 mit fröhlichen Kompositionen, verspielten Melodien und tiefgründigen, positiven Texten, ihr neustes Album „Famously Alive“ macht keine Ausnahme.
Der Opener „Cannibal Capital“ beginnt mit viel Synthie-Lärm und bizarren Samples, bevor ein poppiger Beat und eine sympathische, kleine Melodie Überhand gewinnen. Trotz der elektronischen Instrumentierung rockt der Song, der von Sängerin Kassie Carlson lässig vorgetragene Text ist unerwartet sozialkritisch. Der Titeltrack steigert das Tempo, wenn die Synthies gegen eine verzerrte Gitarre ausgetauscht würden, hätten wir einen astreinen Punk-Kracher. Der euphorische Gesang lädt, unter Verwendung von viel Auto-Tune, sofort zum Mittanzen ein.
Die Musik von Guerilla Toss macht glücklich, stimmt aber auch nachdenklich. Die Texte auf der Platte sind tiefgründig und intim. Carlson hat die Pandemie nicht unbeschadet überstanden, davor kämpfte sie lange mit einer Opiate-Abhängigkeit. Zum Glück fand sie in all diesen Tiefschlägen neue Lebensfreude, die sich in jedem Song widerspiegelt. Sie reflektiert und philosophiert auf sehr nachfühlbare Weise, jeder Text ist menschlich und nahbar.
Die Musik auf „Famously Alive“ ist so abwechslungsreich und farbenfroh, wie das Leben. Manchmal fast kitschig fröhlich, bleiben Songs wie das träumerische „Wild Fantasy“, das krautige „Pyramid Humm“ oder das staubig-rockige „Excitable Girls“ umgehend im Gehörgang kleben. Der Band selbst ist es wichtig, dass das Album als positives, lebensbejahendes Statement wahrgenommen wird. Guerilla Toss spielen niemandem vor, dass die Welt immerzu perfekt ist, sie wissen aber, dass vieles mit Frohmut leichter fallen kann.
Mit dem episch-kuriosen „Happy Me“ und dem grossartigen 90s-Pop-Kracher „Heathen In Me“ ist nach einer halben Stunde Schluss. Viel zu schnell, denn es ist einfach, sich von der Musik von Guerilla Toss inspirieren und aufmuntern zu lassen. Ich fühle mich verstanden, sicher und wohlig warm – was will man von einem Album mehr?